Welttag der Humanitären Hilfe

COVID-19 – die große Gefahr für die humanitären Helfer

In Krisenregionen herrschen eh schon teils prekäre Rahmenbedingungen für humanitäre Helfer wie Ärzte und Krankenschwestern. Die Corona-Pandemie schwächt die Schwachen vor Ort noch mehr und schafft noch mehr Hürden für die Helfer.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Gewichtskontrolle bei einem Baby in einem Krankenhaus in Jemen. Im Jemen hat der Bürgerkrieg für eine äußerst defizitäre Gesundheitsversorgung gesorgt, die schon die Kleinsten trifft.

Gewichtskontrolle bei einem Baby in einem Krankenhaus in Jemen. Im Jemen hat der Bürgerkrieg für eine äußerst defizitäre Gesundheitsversorgung gesorgt, die schon die Kleinsten trifft.

© Mohammed Mohammed / Photoshot / picture alliance

Genf/Brüssel. Das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN-OCHA) schlägt angesichts des Welttags der Humanitären Hilfe (World Humanitarian Day) am 19. August Alarm: Die gegenwärtige COVID-19-Pandemie verschärft die Herausforderungen, unter denen die humanitären Helfer in Katastrophen- und Krisengebieten ihre lebensrettende Hilfe und den Schutz für Menschen in größter Not erbringen.

Die humanitären Helfer würden „wie nie zuvor auf die Probe gestellt und haben mit noch nie dagewesenen Bewegungseinschränkungen und unzureichenden Ressourcen zu kämpfen, da die Bedürfnisse die Mittel übersteigen“, teilt UNOCHA mit.

Dem pflichtet auch die Welthungerhilfe bei. „Ausgangsbeschränkungen, Grenzschließungen und andere Maßnahmen, um das Coronavirus einzudämmen, erschweren in vielen Ländern den humanitären Zugang. Die Krux dabei: Grenzschließungen, Quarantäne, Markt-, Lieferketten- und Handelsunterbrechungen verschärfen die Ernährungssituation von Milliarden Menschen und machen humanitäre Hilfe wichtiger denn je“, heißt es in einer Mitteilung anlässlich des des Welttags der Humanitären Hilfe.

Gewalt gegen Helfer nimmt zu

Beispiel Peru: In dem Andenstaat, einer der derzeit größten Corona-Hotspots in Südamerika, hat die Krise nach Angaben der Welthungerhilfe verheerende Auswirkungen für die 70 Prozent der Bevölkerung, die in informellen Jobs arbeiten.

Landesdirektorin Susanna Daag berichtet: „Die Gesundheitskrise in Peru wurde schnell zu einer sozioökonomischen und folglich auch einer Ernährungskrise. 2,6 Millionen Arbeitsplätze gingen verloren. Neueste Umfragen zeigen, dass 77 Prozent der Bevölkerung in Peru derzeit von Ernährungsunsicherheit betroffen sind.“

Die Corona-Pandemie belastet die Arbeit der humanitären Helfer zusätzlich – in ihrem Arbeitsalltag treffen sie auch so schon auf teils große Unwägbarkeiten. So bezeichnet das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten das vergangenen Jahr mit 483 Angriffen, 125 Toten, 234 Verletzten und 124 Entführten als „das gewalttätigste Jahr in der Geschichte der humanitären Hilfe“.

Artilleriebeschuss im COVID-19-Behandlungszentrum

Einer der größten humanitären Krisenherde ist derzeit der Jemen, in dem seit fünf Jahren ein Bürgerkrieg tobt. In den Diensten der Hilfsorganisation Save the Children steht hier Dr. Khalid Ahmed, der ein COVID-19-Behandlungszentrum in Abs im Jemen leitet. Zusätzlich zu den Problemen bei der Beschaffung von Medikamenten, Röntgengeräten, Schutzausrüstung, Testkits und Sauerstoff überschatten Kämpfe die Hilfsmaßnahmen.

„Wir arbeiten trotz der Kämpfe. Im Behandlungszentrum hören wir den Artilleriebeschuss. Trotz aller Hindernisse, mit denen wir konfrontiert sind, arbeiten die Mitarbeiter des Behandlungszentrums rund um die Uhr, auf freiwilliger Basis, zwei Monate am Stück, ohne sich freizunehmen. Fehlende Schutzausrüstung gefährdet unser Leben. Wir können es uns im Jemen nicht leisten, Gesundheitspersonal zu verlieren“, so Ahmed.

Mehr als 30 Milliarden US-Dollar Hilfsgelder

Laut dem jüngst veröffentlichten „Global Humanitarian Assistance Report 2020“ erreichten die 2019 von Regierungen, EU-Institutionen sowie privaten Geldgebern bereitgestellten Mittel für die humanitäre Hilfe weltweit eine Rekordsumme von 31,2 Milliarden US-Dollar. 2018 sei der Hauptempfänger mit fünf Milliarden Dollar der Jemen gewesen, gefolgt von Syrien (2,3 Milliarden Dollar), dem Irak (1,3 Milliarden Dollar), dem Südsudan und Palästina mit je 800 Millionen Dollar.

Größter Geldgeber im Jahr 2019 waren die USA mit sieben Milliarden Dollar, gefolgt von Deutschland (3,3 Milliarden Dollar), dem Vereinigten Königreich (3,1 Milliarden Dollar), den EU-Institutionen (2,3 Milliarden Dollar) und Saudi-Arabien (1,4 Milliarden Dollar).

EU-Kommission will bei Hilfsgeldern ordentlich draufsatteln

Anlässlich des Welttages der humanitären Hilfe haben der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, und der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement, Janez Lenarcic, angekündigt, das finanzielle Engagement der EU-Kommission für die humanitäre Hilfe aufzustocken. In den nächsten sieben Jahren sollen zehn Milliarden Euro bereitgestellt werden.

„Alarmierend ist, dass wir derzeit eine Zunahme des humanitären Bedarfs verzeichnen, die sich durch die COVID-19-Pandemie noch weiter beschleunigt“, heißt es dazu in einer Erklärung der beiden.

Borrell und Lenarcic appellieren angesichts der zunehmenden Gewalt in den Krisenherden an die beteiligten Parteien, das humanitäre Völkerrecht zu beachten. „Die Rettung von Menschenleben sollte niemals Menschenleben kosten. Deshalb muss unbedingt das humanitäre Völkerrecht geachtet werden, zum Schutz der humanitären Helfer und der Zivilbevölkerung“, so Borrell und Lenarcic.

Außerdem appellieren sie an alle Konfliktparteien weltweit explizit, „die zivile Infrastruktur, einschließlich Schulen und Krankenhäusern, nicht gezielt anzugreifen“.

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