CT für den Bello, Infusion für die Mieze
Ob Notfälle, chronische Gelenkschmerzen oder Krebs: Auf modernste Technik müssen die geliebten Gefährten auf vier Beinen in der Kleintierklinik der Freien Universität Berlin nicht verzichten.
Veröffentlicht:BERLIN. Frühkonferenz in der Klinik: Rasch wird ein Ultraschallbild nach dem anderen an das Leuchtmonitor geklemmt und den Kollegen präsentiert, die um einen großen Tisch herum sitzen. Es werden Fragen gestellt, die kurz von dem Arzt des jeweiligen Patienten kurz und präzise beantwortet werden.
Es ist eine normale Besprechung in einer Berliner Uniklinik. Alle sind hoch konzentriert, jeder Patient wird ernst genommen.
Das könnte ein Krankenhaus wie jedes andere sein: Von CT ist die Rede, von Ultraschall, Infusionen und Polyfrakturen. Der erste Patient, dessen Fall bei der heutigen Konferenz besprochen wird, kann sich kaum bewegen und wird nach Einschätzung der Ärzte wohl eine Endoprothese brauchen.
Allerdings verlangt der Chefarzt zunächst eine Computertomografie, um die Ursache abzuklären. Der zweite Patient hat eine Schuhsohle gefressen und hat nun starkes Erbrechen und Schmerzen - alltägliche Beschwerden: Denn die Patienten in dieser Klinik sind Tiere.
Rund 60.000 Patienten werden versorgt
"Wir sind vielleicht die größte Kleintierklinik in Deutschland, was das Patientenaufkommen angeht", sagt Leo Brunnberg, Leiter der Kleintierklinik und Professor an der Freien Universität in Berlin.
Pro Jahr werden hier nach seinen Angaben rund 60.000 Patienten - zwei Drittel Hunde und ein Drittel Katzen - behandelt. Dabei bekommen die Tiere eine medizinische Versorgung, die sich vor der Humanmedizin an den großen Häusern überhaupt nicht zu verstecken braucht.
Die Klinik verfügt über alle wichtigen Fachabteilungen: Von der Inneren Medizin über Orthopädie, Kardiologie und Chirurgie bis hin zu Radioonkologie.
Nach der allmorgendlichen Fallkonferenz geht es für einige Ärzte in die Privatsprechstunden, für andere auf die Station. Katzen und Hunde sind hier in getrennten Räumen untergebracht. Doch das Bild der Tiere ähnelt sich: Manche Tiere liegen mit Schläuchen am Körper apathisch in den Käfigen, andere, vor allem Hunde, sind aufgeregt, sie zittern, japsen und bellen.
"Es ist nicht immer leicht, eine exakte Diagnose zu stellen"
Der Klinikleiter bereitet sich indes auf die Operation der Bordeaux Dogge vor, die als erster Patient in der Frühkonferenz vorgestellt wurde. Zunächst müssen die Mitarbeiter im OP den Hund für die vom Chefarzt angeordnete CT vorbereiten.
Das stellt sich als eine im wahrsten Sinne des Wortes schwere Aufgabe heraus: Zwar ist die Bordeaux Dogge schnell sediert, das Kontrastmittel für die CT-Untersuchung muss sich aber erst verteilen. Dafür muss der 60 Kilogramm schwere Hund einige Minuten aufrecht von zwei OP-Mitarbeitern gehalten werden - ein Kraftakt.
"Es ist nicht immer leicht, eine exakte Diagnose zu stellen", gibt Brunnberg zu. Denn Hunde und Katzen können bekanntermaßen nicht reden. Auf die Angaben der Tierbesitzer können sich die Veterinärmediziner laut Klinikleiter auch nicht immer verlassen.
"Viele erzählen nicht präzise genug, sodass der behandelnde Arzt gut abwägen muss, was da zusammenpasst und sich zu einem Krankheitsbild zusammenfügt", erklärt er. Deshalb seien auch die bildgebenden Diagnostikverfahren enorm wichtig. "Die Bilder werden dann in den Frühkonferenzen von vielen Kollegen beurteilt, sodass wir dann hoffentlich eine richtige und exakte Diagnose stellen können", so Brunnberg.
Eine CT-Untersuchung kostet 500 Euro
Das hat allerdings auch seinen Preis. Eine CT-Untersuchung mit der für Tiere obligatorischen Narkose kostet laut Brunnberg rund 500 Euro. "Wir können aus medizinischer Sicht sehr viel machen. Die Frage ist, können und wollen die Tierbesitzer die Behandlung auch bezahlen", sagt der Klinikleiter. Nur ein Drittel der Tiere ist krankenversichert.
Der Bordeaux Dogge bleibt an diesem Tag eine Operation erspart. "Nach dem CT habe ich dem Hund eine Injektion verabreicht", erklärt Brunnberg seine Entscheidung. Da es dem Patienten danach deutlich besser ging, habe er beschlossen, von der Operation zunächst abzusehen. Die Dogge kann mit Herrchen nach Hause gehen.