"Das Ende des Lebens ist auch Leben"
Schriftsteller Arno Geiger und Musiker Herbert Grönemeyer nähern sich der Alzheimer-Erkrankung ihrer Eltern künstlerisch.
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Arno Geiger erhält den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung für sein Buch: "Der alte König in seinem Exil"
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FRANKFURT/MAIN (Smi). Zwei berühmte deutschsprachige Künstler widmen sich in ihren jüngsten Veröffentlichungen der Alzheimererkrankung ihrer Eltern: Der österreichische Schriftsteller Arno Geiger, Träger des ersten Deutschen Buchpreises, setzt in seinem Buch "Der alte König in seinem Exil" seinem Vater ein Denkmal, während Herbert Grönemeyer, mit 15 Millionen verkauften Tonträgern der erfolgreichste deutsche Musiker, einen Song seines neuen Albums "Schiffsverkehr" als Andenken an seine demente Mutter versteht.
Einen "traurigen Abschied auf Raten" nennt Grönemeyer das Beisammensein mit seiner Mutter, die innerhalb weniger Minuten vergesse, worüber man eben noch sprach.
"Ich sitze mit ihr zusammen und denke: ‚Wo ist sie wohl gerade? Was läuft gerade in ihrem Kopf ab?‘", erklärt er im Interview mit dem "Stern". "Aber sie hat jetzt auch etwas sehr Rührendes, weil sie in vielen Situationen viel gütiger und leichtfüßiger durchs Leben geht.
Man kann mit ihr jetzt in guten Momenten rumalbern und Witze machen. Das war früher viel schwieriger." In dem Song "Deine Zeit" erinnert er sich an sie: "Deine Güte, deine stille Herzlichkeit, du kämpfst mit deiner Zeit", heißt es da.
Bestseller-Autor Arno Geiger, der 2005 für seinen Roman "Es geht uns gut" den Deutschen Buchpreis erhalten hat, verarbeitet in "Der alte König in seinem Exil" die Alzheimererkrankung seines Vaters. "Am Anfang standen Schock und Trauer", sagt der Österreicher.
"Ich habe mir gedacht, es ist alles vorbei: Die Krankheit nimmt mir jetzt den Vater." Doch heute wisse er: "Das Ende des Lebens ist auch Leben." Über die Jahre hätten er und seine Familie gelernt, dass dennoch so etwas wie Normalität möglich sei, "auch Glücksmomente".
Sich selbst sieht Geiger auch als Fürsprecher der Betroffenen. "Was wir brauchen, ist ein komplexeres Bild von dieser Erkrankung, das letztlich auch das Selbstbild der Betroffenen ändert", fordert er im Gespräch mit dem "Spiegel". "Mein Vater sagt zuweilen auf österreichisch: ‚Ich weiß, ich bin ein Dodl.‘ Aber er irrt sich. Ich finde nicht, dass er ein Depp ist."