Ebola
Eine deutsche Klinik in Angst
Ärzte leisten Schwerstarbeit in den Ebola-Isolierstationen. Dass ein Patient dort ankommt, ist Glückssache. Nach ihrer dramatischen Erfahrung hilft die "deutsche Klinik" in Liberia sich selbst.
Veröffentlicht:MONROVIA/AACHEN In diesen Tagen voller Angst und Sorge ist der Deutschen klargeworden, dass sie sich nicht mehr auf andere verlassen darf. Margret Gieraths-Nimene kümmerte sich selbst um eine Isolierstation für Ebola-Infizierte.
Nächsten Montag, 15. September, sollen die beiden Zelte kommen, mit einer Frachtmaschine aus Brüssel. Dann wird sie hoffentlich nie mehr so hilflos sein wie unlängst.
"Niemand kann sich vorstellen, was hier passiert. Es ist menschenunwürdig, was hier abgeht", sagt die Frau im westafrikanischen Liberia.
Die 63-Jährige aus Meckenheim (NRW) lebt seit rund 30 Jahren dort. 1985 habe sie in einem der Vororte von Monrovia mit ihrem Mann die Gerlib Klinik gegründet, um dort Menschen zu behandeln, die so gut wie nichts dafür bezahlen können.
Das Haus, das die Leute dort nur Deutsche Klinik nennen, hat 18 Betten. Ebola-Patienten werden nicht stationär aufgenommen, sondern an andere Zentren verwiesen. Eigentlich.
Fragenkatalog vom Ministerium
Aber als ein eigener Mitarbeiter mit Ebola-Symptomen kam, machten sie eine Ausnahme. Die Klinik nahm ihn stationär auf. Das war an einem Montag, wie die Leiterin erzählt.
"Es war doch ein Mitarbeiter von uns. Wir wollten ihm helfen", sagt Gieraths-Nimene. Mittwoch kam das Laborergebnis: Der Mann hatte das Ebola-Virus.
Die Klinik informierte das Gesundheitsministerium. Das schickte Mitarbeiter mit einem Fragenkatalog. "Dann wurde uns mitgeteilt, dass der Patient abgeholt würde."
Sie warteten erstmal. "Alle waren äußerst vorsichtig", erzählt die Frau am Telefon. Dank des Medikamenten-Hilfswerks Action Medeor hatten die Mitarbeiter Handschuhe und Mundschutz.
"Wir haben den Patienten nicht angefasst." Der versprochene Krankenwagen kam nicht. In der Not nahm die Gerlib Klinik selbst Kontakt mit einer Station für Ebola-Patienten auf.
"Da sagte uns der Direktor: "Wir haben zwölf Leichen hier liegen. Die Leichen müssen erst abtransportiert werden. Dann haben wir Platz für Patienten."
Angst in der Klinik
Als einen Tag später immer noch kein Krankenwagen kam, wandte sich das Krankenhaus ans Radio und informierte in einer Sendung über den Missstand.
"Zwei Stunden später war der Krankenwagen da", sagt Gieraths-Nimene. Zurück blieben die Beschäftigten der Klinik, voller Angst, sich angesteckt zu haben. Später dann Erleichterung, sie hatten alle Glück gehabt.
Nächsten Montag sollen die Zelte für die Isolierstation kommen, die vom Hilfswerk Action Medeor finanziert wird. "Die stehen dann mutterseelenallein auf freier Fläche in einem Gebiet, in dem es sonst keine medizinische Versorgung gibt", sagt Gieraths-Nimene.
Es fehlten in Monrovia Hunderte von Betten in Isolierstationen. Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen werden diese Bedarfs-Zahlen laufend nach oben korrigiert.
Für Ärzte wie Thomas Kratz sind aber Isolierstationen eine wesentliche Maßnahme, um die Visusübertragung zu unterbrechen.
Wenn der Berliner Arzt von seinem Einsatz für Ärzte ohne Grenzen in einer Ebola-Isolierstation in Sierra Leone erzählt, dann klingt das nach Schwerstarbeit.
Maximal eine Stunde im Schutzanzug auszuhalten
"Eine Schicht dauert acht Stunden. Je nach körperlicher Verfassung hält man es in einem Schutzanzug maximal eine Stunde aus", erzählt er nach seiner Rückkehr in Berlin: Bei 35 Grad Außentemperatur tragen die Ärzte grüne OP-Kleidung, Schutzanzüge aus PVC, Gummischürze, Gummistiefel, zwei Paar Handschuhe, eine Schutzhaube, Schutzbrille und Atemschutzmaske.
Pro Schicht und zehn Patienten gibt es vier Krankenschwestern, einen Arzt und vier sogenannte Hygieniker, die etwa Erbrochenes von den Kranken beseitigen oder Leichen bergen.
Die Hochrisiko-Zone ist dreifach gestaffelt - in vielleicht, wahrscheinlich und tatsächlich Infizierte.
Es gibt eiserne Verhaltensregeln: "Man geht niemals zurück, von bestätigten Fällen zu Verdachtsfällen", sagt Kratz: Immer volle Konzentration, man geht immer zu zweit, nie allein - um aufeinander aufzupassen. (dpa)