Gesundheitliche Folgen
IPPNW kritisiert Abschiebepraxis bei Flüchtlingen harsch
Der Ärzteverband IPPNW geht davon aus, dass einige Mediziner für Behörden „Gefälligkeitsgutachten“ ausstellen, damit auch Asylsuchende mit gesundheitlichen Problemen abgeschoben werden können. Besonders die Posttraumatische Belastungsstörung müsse aber als Hinderungsgrund von Behörden anerkannt werden.
Veröffentlicht:Berlin. „Im Asylverfahren spielen Erkrankungen keine Rolle“, kritisierte Dr. Gisela Penteker, Allgemeinärztin und Mitglied im Vorstand des Netzwerks für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen, bei der Vorstellung des IPPNW-Reports zu den „Gesundheitlichen Folgen von Abschiebungen“. Das gleiche Manko existiere auch bei der Flugtauglichkeitsprüfung, die vor der Rückführung erfolgt – „wenn überhaupt“.
In Deutschland gebe bis auf wenige Ausnahmen bei Geflüchteten keine standardisierte und garantierte Erfassung von erlebten Traumata und psychischen Störungen. Dabei schreibe das eine EU-Richtlinie vor.
Selbst Krankenhauspatienten würden abgeschoben
„Und wenn einer das Glück hat, von einem Arzt oder einem Psychotherapeuten eine Diagnostik zu erhalten, wird sie nicht beachtet oder in Frage gestellt“, berichtete Ernst-Ludwig Iskenius, ehemals ärztlicher Leiter eines Behandlungszentrums für traumatisierte Flüchtlinge in Villingen-Schwenningen.
Weil seit dem Asylpakt II die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) nicht mehr als schwere Erkrankung angesehen werde, führe dies dazu, dass sogar „Menschen aus stationärer Behandlung abgeschoben werden“, so Penteker.
„Abschiebungen sind Gewalthandlungen und werden von den Menschen auch so empfunden“, sagte Iskenius. Bei Flüchtlingen führe sie zu Traumatisierungen, bei Menschen mit vorhandener PBTS zur Retraumatisierung.
Obwohl die Ärztekammern seit Jahren für eine humane Abschiebepraxis eintreten und bei den Flugtauglichkeitsuntersuchungen hohe berufsethische Standards ansetzen, die somatische und psychische Hindernisse berücksichtigen, gibt es dennoch Probleme mit Gefälligkeitsgutachten vor Abschiebungen.
Bei den Behörden habe sich die „Unsitte verbreitet, sich einen Stamm von Ärzten zu halten, der nicht nur schnelle und unkomplizierte Gutachten macht, sondern das Geschäft auch auf Reisebegleitung ausgedehnt hat“, heißt es in dem IPPNW-Report.
Schwarze Schafe von den Kammern nur schwer zu identifizieren
Diese „fahrenden Gesellen“, die gegen Sorgfaltspflichten verstoßen, seien für die Ärztekammern schwer zu fassen. Herauszufinden, wer diese Ärzte seien, sei schwer, sie würden von den Behörden abgeschottet, sagten Iskenius und Penteker.
In dem Report fordert die Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW) unter anderem, schwere, besonders psychische Erkrankungen wie PTBS und Traumafolgestörungen in jedem Verfahren zu berücksichtigen und jederzeit einbringen zu können.
Gutachten dürften nur von Fachleuten angefertigt werden, die nach verbindlichen wissenschaftlichen und staatlich geprüften Standards ausgebildet, qualifiziert und zertifiziert sind. Nächtliche Abschiebungen sowie solche von Kindern und Jugendlichen dürften nicht erfolgen.