Kampf gegen Kernschmelze in Fukushima geht weiter

In der dritten Woche nach Beginn der Reparaturen am havarierten Atomkraftwerk in Fukushima geht jetzt auch Japans Regierung davon aus, dass es zu einer "teilweisen Kernschmelze" gekommen ist. Die Lage bleibt brenzlig.

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Fukushima: Japans Regierung rät Anwohnern, den verstrahlten Umkreis von 20 Kilometern rund um die havarierten Atommeiler nicht zu betreten.

Fukushima: Japans Regierung rät Anwohnern, den verstrahlten Umkreis von 20 Kilometern rund um die havarierten Atommeiler nicht zu betreten.

© dpa

TOKIO (dpa). Die Lage im havarierten Atomkraftwerk Fukushima im Nordosten Japans bleibt extrem gefährlich. Die Regierung in Tokio räumte am Montag ein, dass im Reaktor 2 in den vergangenen zwei Wochen vermutlich eine Kernschmelze eingesetzt hatte. Man glaube aber, dass der Prozess gestoppt sei, sagte Regierungssprecher Yukio Edano.

Die Regierung rief die Anwohner dringend auf, nicht in ihre Häuser im 20-Kilometer-Evakuierungsradius um das AKW zurückzukehren. Dort bestehe ein "großes Risiko" für die Gesundheit, sagte Edano nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Kyodo.

Die Zahl der verstrahlten Arbeiter in Fukushima Eins erhöhte sich um zwei Männer auf 19 - sie waren einer Radioaktivität von mehr als 100 Millisievert ausgesetzt.

Drei Arbeiter, die am Donnerstag einer erhöhten Strahlendosis ausgesetzt waren, wurden nach Angaben von Kyodo am Montag aus dem Krankenhaus entlassen.

Grund für die neue Einschätzung der Regierung zu einer Kernschmelze in Meiler 2 ist die extrem erhöhte Radioaktivität. Sie trat unter anderem im Wasser in dem benachbarten Turbinengebäude auf.

Nach Angaben des Betreibers Tepco wurde an dem Reaktor am Sonntagnachmittag eine Strahlendosis von 1000 Millisievert pro Stunde gemessen. Tepco hatte nach Beginn der Katastrophe festgelegt, dass die Arbeiter am Atom-Wrack höchstens 150 Millisievert Strahlung pro Noteinsatz abbekommen dürfen, pro Jahr maximal 250 Millisievert.

Auch jetzt gab es von der Regierung keine genauen Informationen zum Zeitpunkt der vermuteten Kernschmelze. Fachleute vermuteten schon mehrfach seit Beginn des Unglücks vor gut zwei Wochen, dass wegen starker Überhitzung der Reaktorkerne möglicherweise eine Schmelze begonnen habe.

Tepco selbst sprach in den ersten Tagen ebenfalls schon einmal von einer möglichen "partiellen Kernschmelze". Diese Angaben wurden aber zurückgenommen.

Edano kritisierte Tepcos Umgang mit den Strahlungs-Messwerten scharf. Das Vorgehen sei "inakzeptabel". Tepco hatte am Wochenende widersprüchliche Angaben zur Höhe der Strahlung gemacht. Die japanische Atomaufsichtsbehörde wies den AKW-Betreiber zudem an, Maßnahmen zu treffen, damit es nicht wieder zu solchen Irrtümern komme.

"Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Umkreis von 20 Kilometern um das Kraftwerk kontaminiert ist, und es gibt derzeit ein großes Risiko (für die Gesundheit)", sagte Edano der Agentur Kyodo zufolge. Anwohner sollen die Evakuierungszone nicht betreten, bevor die Regierung grünes Licht gebe.

Unterdessen setzten die Arbeiter und Techniker in der Atomruine ihre Bemühungen fort, das hoch radioaktive Wasser aus den Gebäuden zu pumpen. Das ist nötig, damit nicht noch mehr Arbeiter verstrahlt werden. Und damit die Stromversorgung und die Kühlung in dem Kraftwerk, das beim Erdbeben vom 11. März zerstört wurde, in Gang kommt.

Derweil erschütterten weitere Beben die Katastrophenregion. Am Montagmorgen bebte die Erde nach japanischen Angaben mit einer Stärke von 6,5. Die US-Erdbebenwarte stufte die Stärke des Erdstoßes dagegen auf 5,1 zurück.

Das Zentrum des Bebens lag nach Angaben der nationalen Meteorologischen Behörde in Japan vor der Küste der Unglücksprovinz Miyagi in einer Entfernung von 163 Kilometern von Fukushima.

Von dem havarierten Kernkraftwerk wurden jedoch keine weiteren Schäden gemeldet. Eine von den Behörden zunächst ausgegebene Tsunamiwarnung wurde später aufgehoben.

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Kommentare
Dr. Joachim Malinowski 29.03.201111:17 Uhr

Eropäischer / weltweiter Hilfsfonds für die Opfer von AKW-Katastrophen...

Ich plädiere für die sofortige gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung eines europäischen/weltweiten Hilfsfonds für die Opfer von AKW-Katastrophen.

Die AKW-Betreiber mit ihren milliardenschwerden Gewinnen sollten finanziell dazu verpflichtet werden, für Endlagerung, Schäden und die Folgen in der Umwelt und an der Menschheit durch den Betrieb ihrer AKWs aufzukommen.

Das dämpft sicher auch ein wenig den Enthusiasmus der bisher Unbelehrbaren, wenn die Gewinne gegen die Schäden gegengerechnet werden.

Ich vermute dabei, dass die Schäden an der Bevölkerung und der Natur die Gewinne schon im "Normalsbetrieb" übertrifft, so dass die Entscheidung leichter fallen wird, diese Technologie wegen Unrentabilität zu verlassen.

So wie ich als Normalbürger meine Nachbarn im Schadensfall durch z.B. meine Photovoltaikanlage oder ein Windkraftwerk entschädigen muss, sollten auch die AKW-Betreiber in die Verantwortung genommen werden.

Und dann sollte man natürlich so schnell wie möglich (und es geht immer schneller als man jetzt noch behauptet, wenn der politische Wille dazu weiter wächst) diese hochrisikoreiche und letztendlich immer tödliche / lebensverkürzende Technologie von der Erde verbannen.

Es gibt schon längst genügend bessere Alternativen!

Dr. Joachim Malinowski 28.03.201115:07 Uhr

Es folgt - wie schon gehabt - das Verwirrspiel mit den Dosiswerten...

Es folgt - wie schon gehabt - das Verwirrspiel mit den Dosiswerten...

"...am Sonntagnachmittag eine Strahlendosis von 1000 Millisievert pro Stunde gemessen".
"..pro Jahr maximal 250 Millisievert".

Rein rechnerisch sind 1000 mSv/Stunde : 250 mSv Jahresdosis in 15 Minuten erreicht.

Was kann ein Arbeiter in 15 Minuten schon groß gearbeitet haben??

Ich bezweifle 1. die veröffentlichen Dosiswerte und 2. die nur geringen Einsatzzeiten der beschäftigten Arbeiter. Wieviele Arbeiter sind bisher zugegebendemaßen schon tödlich verstrahlt?

Auch spricht es nicht für die AKW-Firma, dass Arbeiter in nur unzureichender "Schutzsausrüstung" in den Einsatz geschickt wurden. Vermutlich gibt es gar nicht genügende "Schutzanzüge".

"...Tepco hatte am Wochenende widersprüchliche Angaben zur Höhe der Strahlung gemacht. Die japanische Atomaufsichtsbehörde wies den AKW-Betreiber zudem an, Maßnahmen zu treffen, damit es nicht wieder zu solchen Irrtümern komme".

Es entsteht der Eindruck, dass Vieles verheimlicht wird und wir gezielt mit verharmlosenden Daten gefüttert werden, bis wir davon ermüdet sind udn das Interesse verlieren.

Meine Einschätzung ist, dass der Super-GAU nicht mehr zu verhindern ist, wenn es zu irgend einem Zeitpunkt überhaupt möglich gewesen sein soll.

Schön wäre es natürlich, wenn die ganze Katastrophe sofort unterbunden werden könnte. Wir werden es ja erleben (müssen).





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