Streit um Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen

Schwerkranker Archie: Eltern hoffen auf Europäisches Gericht

Die Eltern des zwölfjährigen Archie kämpfen in England bis zuletzt um das Leben ihres Sohnes, der seit Monaten im Koma liegt. Binnen weniger Stunden wollen sie per Gericht die Abschaltung der Geräte verhindern.

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Paul Battersbee (l) und Hollie Dance (M), Eltern von Archie Battersbee, dem zwölfjährigen Jungen, der nach einem schweren Hirnschaden vor drei Monaten im Koma liegt, sprechen vor dem Royal Courts of Justice mit Journalisten. Im Gerichtsstreit um den unheilbar kranken Archie hatten die Eltern des Zwölfjährigen beim obersten britischen Gericht die Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen gefordert.

Paul Battersbee (l) und Hollie Dance (M), Eltern von Archie Battersbee, dem zwölfjährigen Jungen, der nach einem schweren Hirnschaden vor drei Monaten im Koma liegt, sprechen vor dem Royal Courts of Justice mit Journalisten. Im Gerichtsstreit um den unheilbar kranken Archie hatten die Eltern des Zwölfjährigen beim obersten britischen Gericht die Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen gefordert.

© Yui Mok / PA Wire / dpa

London. Kurz vor der geplanten Abstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen im Fall des unheilbar kranken Archie in England wollen die Anwälte der Familie den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einschalten. Man werde bis 9 Uhr morgens am Mittwoch einen entsprechender Antrag einreichen, um die Abschaltung der Geräte zu verhindern, sagte Archies Mutter am Dienstagabend der englischen Nachrichtenagentur PA zufolge. Wieder einmal habe man kaum Zeit.

Die Abstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen stand eigentlich unmittelbar bevor. Die Nachrichtenagentur PA meldete unter Berufung auf die Familie des Zwölfjährigen, die Geräte, die den Jungen derzeit in einem Krankenhaus im Osten Londons am Leben halten, sollten am Mittwoch um 11.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MESZ) abgeschaltet werden. Auch jetzt ist noch unklar, ob die Anwälte der Familie mit ihrem Antrag Aussicht auf Erfolg haben.

Kampf durch alle Instanzen

Im Kampf um das Leben ihres Sohnes waren Archies Eltern zuvor in allen gerichtlichen Instanzen gescheitert. Der Supreme Court – das oberste britische Gericht – lehnte am Dienstag einen Antrag ab, mit dem die Eltern die Fortführung der lebenserhaltenden Maßnahmen erwirken wollten.

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Archie hatte sich bei einem häuslichen Unfall im April schwere Hirnverletzungen zugezogen – womöglich bei einer Internet-Mutprobe. Der Zwölfjährige liegt seither im Koma. Die britischen Gerichte entschieden, dass die Ärzte den Jungen sterben lassen dürfen. Dies sei in seinem besten Interesse, hieß es zur Begründung.

Supreme Court: Keine leichtfertige Entscheidung

Anfang dieser Woche hatte sich Archies Familie noch an einen UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen gewandt – dieser forderte daraufhin, die Maßnahmen fortzusetzen, bis der Antrag geprüft sei. Die Richter am Supreme Court folgten allerdings der vorherigen Entscheidung des Berufungsgerichts und erklärten, da es keine Aussicht auf eine wirkliche Genesung gebe, würden die lebenserhaltenden Maßnahmen nur „das Sterben verlängern“. Man treffe diese Entscheidung nicht leichtfertig und spreche den Eltern von Archie „tiefes Mitgefühl“ aus.

Der Fall erinnert an ähnliche Auseinandersetzungen um unheilbar kranke Kinder in Großbritannien. Der finanziell stark unter Druck stehende britische Gesundheitsdienst neigt dazu, lebenserhaltende Maßnahmen sehr viel früher zu entziehen, als das in Deutschland der Fall wäre. Zudem werden die Wünsche von Eltern und Angehörigen dabei nicht im selben Maße berücksichtigt. Was im besten Sinne des Patienten ist, entscheiden oft Richter auf Empfehlung von Medizinern. (dpa)

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