USA

Torturen für psychisch kranke Häftlinge

Haftanstalten in den USA sind überfüllt - und beim Umgang mit geistig Behinderten komplett überfordert. Nun legt ein Bericht die brutalen Praktiken von Gefängniswächtern offen. Das Ergebnis ist schockierend.

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NEW YORK. Psychisch kranke Häftlinge werden in den USA einem neuen Bericht von Menschenrechtlern zufolge teils auf brutale Weise von Wärtern misshandelt.

Gefangene würden mit giftigen Chemikalien besprüht, erlitten Elektroschocks und würden für Tage an Stühle oder Betten gefesselt, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht von Human Rights Watch (HRW).

Auf 127 Seiten untersucht die Organisation Vorfälle in US-amerikanischen Haftanstalten, bei denen Aufseher unnötige und übermäßige Gewalt gegen psychisch kranke Gefangene anwenden.

Das Ergebnis der Untersuchung mit dem Titel "Herzlos und Grausam: Einsatz von Gewalt gegen Gefangene mit geistiger Behinderung in US-Gefängnissen" ist erschreckend.

Gebrochene Nasen und Rippen

Wächter würden Kiefer, Nasen und Rippen der Insassen brechen oder ihnen schwere Verbrennungen und Prellungen zufügen. In einigen Fällen habe das Vorgehen der Aufseher gar zum Tode von Häftlingen geführt, schreiben die Autoren.

Ein HRW-Video zeigt, wie in Kampfmontur und Helm gekleidete Wächter röchelnde, fast nackte und um Hilfe schreiende Häftlinge gewaltsam aus ihren Zellen zerren oder zu Boden drücken.

Ein 35-Jähriger, der an einer schizoaffektiven Störung litt, wurde mit dem Gesicht nach unten liegend in seiner Zelle in Colorado gefunden und konnte kaum den Kopf heben.

Statt Hilfe zu rufen oder ihn zum Gefängnisarzt zu bringen, legten Aufseher ihm Handschellen an und eine Kette um den Bauch, fesselten seine Knöchel, zogen ihm eine Maske über und banden ihn an einen Stuhl.

Der Mann erlitt einen Krampfanfall und starb an einem zu niedrigen Natriumspiegel im Blut, der problemlos mit einer Infusion hätte behoben werden können.

"Gefängnisse können gefährliche, schädigende und sogar tödliche Orte für Männer und Frauen mit mentalen Problemen sein", sagte Jamie Fellner, die den Bericht mit verfasst hat. "Gewalt wird selbst dann gegen Häftlinge eingesetzt, wenn sie die Anweisungen der Mitarbeiter wegen ihrer Krankheit nicht verstehen oder befolgen können."

Grund seien vor allem schlechte Ausbildung der Gefängnisaufseher im Umgang mit psychisch Kranken und mangelnde Führungsstärke der Vorgesetzten.

Schlecht geschultes Personal

Der Einsatz von Gewalt ist in den mehr als 5100 US-Gefängnissen zulässig, um Kontrolle über gefährliche oder störende Insassen zu erlangen.

HRW zufolge kommt es aber selbst dann zu Gewaltanwendung, wenn Häftlinge auf den Boden urinieren, fluchen, gegen die Tür hämmern, sich über ausbleibendes Essen beschweren oder sich weigern, aus ihrer Zelle zu kommen. Schätzungen zufolge leidet rund jeder fünfte Häftling in den USA an einer schweren psychischen Krankheit.

Das Gefängnispersonal ist dem Bericht zufolge extrem schlecht geschult, um Symptome von psychischen Erkrankungen auch adäquat wahrnehmen zu können. Ebenso beklagt wird, dass das Personal mit verbalen Techniken der Deeskalation in der Regel nicht vertraut sei.

Darüber hinaus gibt es auch keine Sensibilisierung, wann professionell ausgebildete Hilfskräfte tatsächlich um Intervention gebeten werden müssen. Stattdessen werde zu Gewaltmaßnahmen gegriffen.

Insassen, bei denen psychische Störungen diagnostiziert werden, landen auch überproportional häufig in Isolationszellen. Die harschen Bedingungen mit bis zu 23 Stunden Aufenthalt in diesen Zellen ohne irgendwelche sozialen Kontakte verstärken nicht selten massiv die Symptome der betroffenen Häftlinge, ihre Gesundheitssituation verschlechtert sich dann dramatisch.

Experten weisen darauf hin, dass physische Gewalt ohnehin in der Regel bei Patienten in den Isolationszellen weiter verbreitet sei als in den anderen Bereichen der Gefängnisse.

Die psychisch kranken Insassen werden in der Regel auch ausschließlich mit Medikamenten versorgt. Eine darüber hinausgehende Behandlung sei im Grunde nicht vorgesehen, heißt es in dem Bericht. (dpa/eb)

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