Aids
UN-Kampagne stellt Jugendliche in den Fokus
Aids ist die häufigste Todesursache bei Jugendlichen in Afrika. Eine neue UN-Kampagne versucht die bislang vernachlässigte Gruppe der 15- bis 19-Jährigen in den Mittelpunkt zu rücken.
Veröffentlicht:JOHANNESBURG. Tsepho Ngoato ist seit Geburt HIV-positiv und strotzt doch voll erwartungsfroher Lebensfreude.
"Ich baue mein Unternehmen auf, dann will ich heiraten und Kinder haben", sagt der 23-Jährige Südafrikaner.
Infizierte Männer können unter anderem mit Hilfe einer künstliche Befruchtung Kinder zeugen, ohne die Frau oder das Kind anzustecken.
Ngoato gehört zu einer wachsenden Minderheit von jungen Erwachsenen in Südafrika, die offen mit der Krankheit umgehen, um gegen die gesellschaftlichen Vorurteile gegen HIV-Positive anzukämpfen.
Mit 13 in Lebensgefahr
Dass er HIV-positiv ist, erfuhr Ngoato erst, als er mit 13 Jahren wegen Tuberkulose in Lebensgefahr schwebte und in ärztliche Behandlung kam. "
Die Leute müssen sich testen lassen, sonst kann es schnell schief gehen", sagt Ngoato. Das ist auch Ziel einer am Dienstag in Nairobi vorgestellten neuen Kampagne der Vereinten Nationen.
Sie will Jugendliche früher sensibilisieren, denn die Immunschwächekrankheit Aids ist bei 15- bis 19-Jährigen in Afrika die häufigste Todesursache.
Von Neuinfektionen sind besonders junge Frauen betroffen. In Südafrika beispielsweise infizierten sich UN-Angaben zufolge 2013 pro Woche etwa 860 Mädchen mit HIV aber nur 170 Jungen.
Insgesamt gelten 2,1 Millionen Jugendliche weltweit als HIV-positiv, etwa 120 000 starben 2013 an den Folgen von Aids.
Die 19-jährige Zandile Ndlovu fand vor fünf Jahren raus, dass sie sich bei der Geburt bei ihrer Mutter angesteckt hatte.
"Ich war so wütend", sagt sie. Zunächst hatte sie Panik und dachte, ihr Leben wäre damit vorbei und sie würde nie eine Familie gründen können.
Ein ganz normales Leben
Doch ihre Mutter überzeugte sie, dass sie dank der antiretroviralen Medikamente ein ganz normales Leben bis ins hohe Alter haben könnte.
"Es ist nicht das Ende der Welt. Wieso sollten wir uns deswegen verstecken?" fragt Zandile, die mit ihrer Mutter und einer jüngeren Schwester im Township Soweto südwestlich von Johannesburg lebt.
"Andere Leute haben Diabetes, das ist schlimmer als HIV", sagt Ndlovu trotzig. Allerdings können bei Aids-Medikamenten Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen auftreten.
Ndlovu und Ngoato wollen beide gegen das Stigma ankämpfen, dass viele Jugendliche in Afrika weiter davon abhält, sich testen zu lassen oder ärztliche Hilfe zu suchen.
Zudem fehlt jungen, oftmals aus ärmlichen Verhältnissen stammenden Frauen, Wissen und Selbstbewusstsein, beim Geschlechtsverkehr auf die Verwendung von Kondomen zu bestehen.
Das ist ein Grund für die vergleichsweise hohe Infektionsrate bei jungen Frauen.
Vor allem junge Frauen betroffen
Zudem können bei ihnen kleine oft unbemerkte Verletzungen der noch relativ dünnen Schleimhaut dazu führen, dass sie sich beim heterosexuellen Geschlechtsverkehr leichter als Männer mit Aids infizieren.
Zwei Drittel der etwa 250.000 Neuinfektionen im Jahr 2013 entfielen auf junge Frauen.
Die Welt müsse sich gegen diese "moralische Ungerechtigkeit" mobilisieren, fordert der Direktor des UN-Programms gegen Aids (UNAIDS), Michel Sidibé.
Bislang konzentrierte sich die Aids-Bekämpfung stark darauf, eine Übertragung des Virus bei der Geburt zu verhindern.
Die neue Kampagne verschiedener UN-Organisationen unter dem Motto "All In" ist gleichermaßen ein Eingeständnis, dass dem Aids-Problem bei Jugendlichen bislang zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
"Wir müssen die Jugendlichen erreichen", sagt Unicef-Direktor Anthony Lake. Die 15- bis 19-Jährigen sind die einzige Alterskohorte, in der die Zahl der Aids-bedingten Todesfälle nicht zurückgeht.
Große Ziele
Die neue Kampagne hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Durch bessere Kooperation der verschiedenen Hilfsorganisationen, einer Neuausrichtung von Programmen und gezielten Informationskampagnen soll die Zahl der Neuinfektionen bei Jugendlichen bis 2020 um drei Viertel zurückgehen, die Zahl der Todesfälle soll um 65 Prozent reduziert werden.
Antiretrovirale Medikamente werden in manchen afrikanischen Staaten umsonst von der Regierung zur Verfügung gestellt, wie etwa in Südafrika, wo 15 Prozent aller weltweit HIV-positiven Jugendlichen leben.
Doch genauso wichtig ist es, für ein Ende der Stigmatisierung von HIV-Positiven zu kämpfen, sagt Lebo Ramafoko vom Soul City Institut für Gesundheitskommunikation in Johannesburg.
Sie hofft, dass Stimmen wie die von Ndlovu und Ngoato helfen werden, die Tabus der sozial konservativen Gesellschaft aufzubrechen.
"Wir können die Aids-Epidemie nicht mit Medikamenten besiegen, wir brauchen sozialen Wandel und eine Veränderung der Mentalität." (dpa)