Bundesverband der Betreuungsdienste
24-Stunden-Pflegekräfte in ähnlich prekärer Lage „wie in der Fleischindustrie“
Der Bundesverband der Betreuungsdienste kritisiert die Zustände bei osteuropäischen Pflegekräften in Privathaushalten – mit deutlichen Worten. Der Verband kritisiert den Stundenlohn von knapp 2 Euro und die Unterbringungsbedingungen.
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Ein harter Job, oft mit schlechter Bezahlung: die 24-Stunden-Pflege. (Symbolbild mit Fotomodellen)
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Berlin. Der Bundesverband der Betreuungsdienste beklagt die teils unhaltbaren Arbeitsbedingungen Zehntausender osteuropäischer Betreuungs- und Pflegekräfte, die hierzulande in Privathaushalten meist ohne Arbeitsvertrag beschäftigt seien. Geschäftsführer Thomas Eisenreich sagte der „Rheinischen Post“: „In der Branche der sogenannten selbstorganisierten 24-Stunden-Pflegekräfte haben wir oftmals genauso prekäre Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsverhältnisse wie in der Fleischindustrie, in der Landwirtschaft oder auf dem Bau.“
Osteuropäische Pflegekräfte bekommen nach seinen Worten zwischen 1500 und 1700 Euro im Monat. Die 24-Stunden-Betreuung sei dabei oft wörtlich zu nehmen, was einem Stundenlohn von 2,08 Euro entspreche. Auch die Unterbringung sei teilweise skandalös – etwa wenn Betreuer im ehemaligen Ehebett neben der Pflegeperson schlafen müssten. „Wenn wir nationale Maßstäbe an eine 24-Stunden-Betreuung anlegen, sind das etwa 3,5 Stellen, damit Urlaub, freie Tage und Urlaubszeiten gewährt werden können. Das wären circa 9100 Euro pro Monat.“ Das könne sich aber niemand leisten.
Missstände bleiben folgenlos
Eisenreich sagte, ohne die mehr als 200 .000 osteuropäischen Betreuungs- und Pflegekräfte würde der Pflegenotstand „noch offensichtlicher als schon bekannt“. Die Politik scheue sich jedoch, wirksam gegen die Missstände vorzugehen, weil das für den Staat teuer werde. „Sie sollte sich aber sehr bewusst sein, dass das System ohne die osteuropäischen Betreuungskräfte in Deutschland zusammenbrechen würde.“
Eisenreich forderte, die Schwelle für Sachleistungen für die Pflegebedürftigen zu senken, damit sie mehr Leistungen aus der Pflegekasse bekämen. „Dadurch könnten osteuropäische Pflegekräfte entlastet werden und hätten wie im deutschen Arbeitsrecht vorgeschrieben auch Pausen und Ruhezeiten.“ (dpa)