Korrekturen an der frühen Nutzenbewertung
AMNOG-Novelle wird nachgebessert
In den nächsten vier Wochen soll die AMNOG-Novelle ins Bundeskabinett – mit einigen Korrekturen zugunsten der Arzneimittelhersteller.
Veröffentlicht:FRANKFURT. Eine gründliche Überarbeitung des Referentenentwurfs für das GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz hat Staatssekretär Lutz Stroppe vom Bundesgesundheitsministerium beim Symposion "House of Pharma" am Dienstag in Frankfurt angekündigt.
Mit dem Gesetz soll ein Teil der Verabredungen des Pharmadialogs umgesetzt werden, der vor allem Korrekturen an Details der frühen Nutzenbewertung vorsieht. Die Industrie hatte darauf enttäuscht reagiert, weil sie darin unzureichende Umsetzung der Ergebnisse des Pharmadialogs sieht – GKV und Ärzteorganisationen sehen hingegen zu große Industriefreundlichkeit des Bundesgesundheitsministeriums.
Nun zeichnet sich ab, dass die Kabinettsvorlage in einigen Punkten nachgebessert wird und damit vor allem Bedenken und Anliegen der Industrie aufgegriffen werden.
Infosystem mit der Industrie
Für das geplante Arztinformationssystem, das der Gemeinsame Bundesausschuss errichten und betreiben soll, wird nach Angaben Stroppes sichergestellt, dass die Arzneimittelhersteller an der Erarbeitung der inhaltlichen Informationen beteiligt werden. Das System soll sicherstellen, dass Nutzenbewertungsergebnisse für Ärzte bundeseinheitlich zugänglich werden.
Es sei ein "Wahnsinn", dass derzeit die KVen regional uneinheitlich Obergrenzen für den Einsatz von Innovationen festlegten. Unverändert befürchtet die Industrie, dass die Kassen in dem Informationssystem Aussagen zur Wirtschaftlichkeit implementieren wollen, die in die Entscheidungsfreiheit des Arztes eingreifen könnten, sagt Dr. Hagen Pfundner, stellvertretender Vorsitzender des Verbandes der forschen Arzneimittelhersteller (vfa).
Ein anderer kritischer Punkt ist die Möglichkeit den Bundesausschuss, bei der frühen Nutzenbewertung unter bestimmten Voraussetzungen Verordnungseinschränkungen vorzunehmen. Eine praktische Bedeutung hatte dies bislang bei zwei Entscheidungen, die im Konsens mit den betroffenen Herstellern herbeigeführt wurden.
Allerdings sehe der Bundesausschuss die geltende Rechtsgrundlage dafür als unsicher an.
Stroppe stellte dazu klar: Ob es zu einer neuen gesetzlichen Regelung komme, werde in den nächsten Wochen noch einmal kritisch überprüft. Auf keinen Fall werde es im Bundesausschuss ein Antragsrecht des GKV-Spitzenverbandes für Verordnungsausschlüsse geben, so wie der Kassenverband das nachdrücklich fordert.
Eine Lösung kündigte Stroppe für das strahlenschutzrechtliche Genehmigungsverfahren vor klinischen Prüfungen an. Hier vermisst die Industrie die Einlösung einer Verabredung des Pharmadialogs. Bis zum 16. September werde das Bundesgesundheitsministerium warten, ob das Bundesumweltministerium einen Referentenentwurf von sich aus vorlegen wird – geschehe das bis dahin nicht, "dann werden wir übergriffig und nehmen die Regelung in unseren Kabinettsentwurf auf", kündigte Stroppe an.
Das Ziel ist, dass zur Genehmigung klinischer Studien, in denen ionisierende Strahlen oder radioaktive Substanzen eingesetzt werden, eine Anzeigepflicht ausreicht. Nach gegenwärtigem Recht ist zusätzlich eine Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz erforderlich.
Während die Genehmigung klinischer Studien durch die Arzneimittelbehörden BfArM und PEI in der Regel weniger als hundert Tage erfordern, lässt sich das Bundesamt für Strahlenschutz Monate oder gar Jahre Zeit.
Das hat nach Pfundner Angaben dazu geführt, dass in Deutschland kaum noch Studien in den Phasen 1 und 2 durchgeführt werden. Mit einer gesetzlichen Korrektur könne die Industrie ihre Aktivitäten bei klinischen Studien in Deutschland um 30 Prozent steigern.
Pharmadialog wird fortgesetzt
Bei aller Kritik und Enttäuschung der Industrie über die konkreten Folgen des Pharmadialogs – relativierend weist Stroppe darauf hin, dass mit den AMNOG-Korrekturen nur einer von mehreren Aspekten des Pharmadialogs aufgegriffen worden sei – soll der ressortübergreifende Dialog mit Industrie, Wissenschaft und Gewerkschaften auch in der nächsten Legislaturperiode fortgesetzt werden.
In den nächsten Wochen, so Stroppe, werde in Kleingruppen über Inhalte und Teilnehmer beraten.
Und in einem Punkt werde die Bundesregierung der Industrie nachsetzen: dem Engagement zur Entwicklung neuer Antibiotika.