Testphase beendet

ARMIN startet elektronisches Medikationsmanagement

Ärzte und Apotheker managen gemeinsam die Medikation von Patienten: Das ist die Idee der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN). Nun ist die Testphase beendet - ab Freitag startet ARMIN durch.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Zusammenarbeit für eine bessere Versorgung: ARMIN lässt Apotheker und Ärzte enger zusammenrücken.

Zusammenarbeit für eine bessere Versorgung: ARMIN lässt Apotheker und Ärzte enger zusammenrücken.

© ABDA / Peter van Heesen

BERLIN. Die digitale Vernetzung im Gesundheitswesen erhält einen wichtigen Baustein. Ab 1. Juli haben rund 300.000 Versicherte der AOK plus in Thüringen und Sachsen die Möglichkeit, am elektronischen Medikationsmanagement der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN) teilzunehmen.

Ab 2017 sollen auch Versicherte anderer Kassen in das Modellvorhaben einbezogen werden.

Das Medikationsmanagement von Ärzten und Apothekern für chronisch kranke Menschen, die fünf und mehr Medikamente dauerhaft einnehmen müssen, setzt sich von ähnlichen Plänen der Regierung ab.

Im E-Health-Gesetz hat die große Koalition ein Medikationsmanagement für Patienten beschlossen, die drei Medikamente dauerhaft einnehmen. Dies wird zunächst ein auf Papier geführter Medikationsplan sein, der perspektivisch von einer elektronischen Variante abgelöst werden soll.

Dafür haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Bundesärztekammer und der Deutsche Apothekerverband eine Vereinbarung getroffen. Start soll der 1. Oktober sein.

Projekt eine gute Blaupause

ARMIN ist schon einen Schritt weiter. In Sachsen haben sich bereits ein Zehntel der mehr als 2000 Hausärzte und die Hälfte der 1000 Apotheker elektronisch vernetzt. In Thüringen sind 471 der 565 Apotheker und 361 der rund 1500 Hausärzte Mitglieder der Arzneimittelinitiative.

"Das bedeutet eine Verbesserung von Qualittät und Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung und der Arzneimitteltherapiesicherheit", sagte Sachsens Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz Barbara Klepsch (CDU) bei der Vorstellung von ARMIN am Dienstag in Berlin.

Das Projekt sei regional und greife regional, sei aber eine gute Blaupause für die Pläne eines bundesweiten Medikationsmanagements vermittels der Gesundheitskarte.

Auch Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) hob auf die Arzneimitteltherapiesicherheit ab. Das Projekt sei geeignet, die Compliance der Patienten zu stärken. Die Umsetzung des Projekts werde allerdings nicht einfach.

Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, ist den Verantwortlichen klar. 75.000 Versicherte hofft Rainer Striebel, Vorstandsvorsitzender der AOK plus, zu erreichen. Sachsens KV-Chef Dr. Klaus Heckemann stellte klar, dass ARMIN immer nur dann funktioniere, wenn Hausarzt und Apotheker zusammenarbeiteten.

Mit dem Medikationsmanagement hätten die Beteiligten etwas geschaffen, was es im deutschen Gesundheitswesen bislang praktisch kaum gebe.

 "Zwei Heilberufler unterschiedlicher Profession können auf elektronischem Weg unter Beachtung des Datenschutzes sensible Patientendaten austauschen", sagte Heckemann.

Etwa 1,5 Stunden pro Quartal und Patient Zeitaufwand

Das Management kostet Zeit. Thüringens KV-Chefin Annette Rommel nannte eine Größenordnung von rund 1,5 Stunden pro Quartal und Patient. Rommel betonte, dass der Arzt die Therapiehoheit behalte. Wenn man sich auf die Zusammenarbeit mit dem Apotheker einlasse, müsse man sich aber auch einmal etwas sagen lassen.

Der Aufwand von Ärzten und Apothekern wird mit 97,30 Euro für das Erstgespräch honoriert, in den Folgequartalen gibt es 22 Euro pro Quartal und Patient. Die AOK plus beziffert ihre Investitionen in die elektronische Infrastruktur auf bislang drei Millionen Euro.

Entscheidend für die Generierung eines Mehrwerts für die Arzneimitteltherapiesicherheit durch ARMIN sei die gemeinsame Betreuung des Patienten durch Arzt und Apotheker, sagte der Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands Thomas Dittrich.

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Kommentare
Thomas Georg Schätzler 28.06.201618:02 Uhr

Generierung eines Mehrwerts für die Arzneimitteltherapiesicherheit?

Der hier als Beispiel gezeigte ARMIN-Medikationsplan mit 7 verschiedenen Generika-Präparaten, einem hoffnungslos unterdosierten Antibiotikum Clarithromycin 250 mg (hoffentlich nicht bei einer Virusinfektion) und einem niemals doppelblind bzw. im "head-to-head" Vergleich geprüften Gelomyrtol mit 3x2 Dosierung verwirrt unsere Patienten nur.
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/rezepte/article/910704/medikationsplan-patient-redet.html

Sieben Generika pro Quartal, morbiditäts- und leitliniengerecht bzw. evidenzbasiert für unsere GKV-Patienten verordnet, bedeuten je nach Marktlage bis zu a c h t u n d z w a n z i g verschiedene Verpackungen, Logos, Tabletten-Formen und -Farben, Herstellernamen oder Reimporte aus EU-Ländern in einem e i n z i g e n Behandlungsjahr.

Damit muss der ARMIN-Medikationsplan bis zu 28-mal im Jahr um- und neugeschrieben werden, weil jedesmal ein anderer, geheimer Rabattvertrag greift bzw. die Hersteller gar nicht immer liefern können!

Auf der beratungs- und versorgungs-fernen pharmazeutischen Suche nach tagesaktuellen Medikamenten-Höchstrabatten ist dies nichts weiter als ein "Medikations-Destabilisations-Management" (MDM) mit erhöhten Arzneimittelrisiken durch Verringerung von Compliance und Adhärenz bei unseren Patientinnen und Patienten.

Die "Versorgungs-Experten" von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), Bundesärztekammer (BÄK) und Deutschem Apothekerverband (DAV) haben darüber mit den versorgungsnahen Patienten und Ärzten gar nicht erst wirklich gesprochen?
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/rezepte/article/910475/medikationsplan-aerzte-apotheker-einigen.html

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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