Stellungnahme des VV-Vorsitzenden Windau
Abberufung von KV-Chef Heckemann: Am Ende fehlte das Vertrauen
Nach dem Paukenschlag in der KV Sachsen erklärt sich der VV-Vorsitzende Stefan Windau: Das Vertrauen in Heckemann war so erschüttert, dass ein „Weiter so“ nicht möglich war. KV-Vize Sylvia Krug führt den Vorstand zunächst alleine.
Veröffentlicht:Dresden. Bei der am Mittwochabend erfolgten Abberufung des Vorstandsvorsitzenden der KV Sachsen, Dr. Klaus Heckemann, hat fehlendes Vertrauen in ihn eine maßgebliche Rolle gespielt. „Die KV Sachsen hat in den vergangenen Tagen bundesweit breit angelegte Kritik auf sich gezogen, die der Hauptausschuss ebenso wie viele KVS-Mitglieder teilen“, sagte Dr. Stefan Windau, Vorsitzender der Vertreterversammlung, am Mittwochabend in Dresden. „Das Vertrauen zwischen Selbstverwaltung und Vorstand wurde erneut schwer erschüttert.“
Anlass für die Sondersitzung der Vertreterversammlung waren Äußerungen Heckemanns im Editorial der Ausgabe der KVS-Mitteilungen von Mai und Juni zur Humangenetik. Die von Windau verwendete Formulierung, dass das Vertrauen „erneut schwer erschüttert“ worden sei, bezieht sich ganz offensichtlich darauf, dass Heckemann nicht das erste Mal für ein Editorial öffentlich heftig kritisiert wurde.
VV-Vorsitzender hatte im Vorjahr noch „Brücken gebaut“
Vor fast zwei Jahren hatte schon einmal ein Editorial Heckemanns in den KVS-Mitteilungen Rücktrittsforderungen gegen ihn ausgelöst. In der Dezember-Ausgabe 2022 hatte er sein Editorial mit „Von Klebern und Blockern“ überschrieben. Damals war Heckemann unter anderem vorgeworfen worden, dass er seine persönliche Meinung mit der Autorität seines Amtes als Vorstandsvorsitzender der KV Sachsen veröffentlicht hatte.
Seinerzeit hatte Windau noch „Brücken bauen“ wollen, so war sein Editorial in der Februar-Ausgabe 2023 der KVS-Mitteilungen, das als Reaktion auf die heftige Kritik und die schon damals erfolgten Rücktrittsforderungen an Heckemann erschienen war, überschrieben.
Am Mittwoch war Heckemann mit 28 Stimmen abgewählt worden. 37 der 40 Mitglieder waren bei der Sondersitzung der Vertreterversammlung anwesend gewesen. Damit Heckemann abberufen werden konnte, mussten mindestens drei Viertel der anwesenden Mitglieder der Vertreterversammlung dafür stimmen. Dafür waren 28 Stimmen notwendig gewesen. Außerdem mussten mindestens zwei Drittel der satzungsmäßigen Zahl der Vertreter dafür votieren. Dafür war eine Mindestzahl von 27 Stimmen erforderlich. Somit waren die 28 Stimmen, die für sich Heckemanns Abberufung aussprachen, genau die erforderliche Mindestanzahl.
Mehrstündige Sondersitzung mit ausführlicher Debatte
Vorher war ein Antrag auf Amtsentbindung Heckemanns gestellt worden. Dafür waren mindestens 20 Stimmen nötig, die auch erreicht worden. Der Antrag wurde damit begründet, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört sei und man sich nicht mehr entsprechend der Verantwortung des Amtes vertreten fühle.
Davor hatte es in der mehrstündigen Sondersitzung eine ausführliche Diskussion gegeben, bei der auch Heckemann selbst zu Wort kam und angehört wurde. „Es war eine ausgiebige und faire Diskussion, bei der ihm immer wieder Brücken gebaut wurden“, berichtete ein Teilnehmer. „Er wollte aber diese Angebote nicht annehmen.“ Selbst zurücktreten, wie dies zuvor mehrfach verlangt worden war, wollte Heckemann ebenfalls nicht. „Ein Neuanfang ist unumgänglich“, sagte Windau.
Die Vertreterversammlung verabschiedete am Mittwoch außerdem eine Resolution. Einstimmig bedeutet, dass auch Heckemann selbst zustimmte. „Im Bewusstsein, dass wir in unserem Land eine besondere historische Verantwortung haben, treten wir Rassismus, Diskriminierung und einer Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus entschieden entgegen“, heißt es darin. Das nimmt ganz offensichtlich Bezug auf Kritik, die in den vergangenen Tagen an Heckemann geäußert worden war.
Rücktrittsaufforderungen von mehreren Seiten
Der Vorstand der KBV hatte unter anderem zu Äußerungen Heckemanns geschrieben, „selbst wenn solche Aussagen als neutrale Abwägung daherkommen, haben sie das Potenzial, menschenverachtende Positionen der NS-Diktatur wieder salonfähig zu machen“. Neben der KBV hatten unter anderem die Universitätsklinika Dresden und Leipzig, die medizinischen Fakultäten der TU Dresden und Universität Leipzig, die Landesärztekammer Sachsen, die sächsische Sozialministerin Petra Köpping (SPD) und der sächsische Landesbeauftragte für Inklusion der Menschen mit Behinderungen, Michael Welsch, sich von Heckemann distanziert, ihn scharf kritisiert und zum Teil dessen Rücktritt oder seine Abberufung verlangt.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im sächsischen Landtag, Susanne Schaper, schätzte am Mittwochabend ein, dass Heckemanns Abberufung die richtige Entscheidung gewesen sei und sagte, dass „in einer Zeit, in der Antihumanismus gesamtgesellschaftlich auf dem Vormarsch ist, auch Vertreter der Selbstverwaltung die Pflicht haben, diesem zumindest nicht noch sprachlich Vorschub zu leisten“.
Vertreterversammlung würdigte Verdienste von Heckemann
Nun wird Heckemanns bisherige Stellvertreterin, Dr. Sylvia Krug, den Vorstand zunächst allein führen. Sie war im November 2022 in ihre zweite Amtsperiode als stellvertretende Vorstandsvorsitzende gewählt worden. Heckemann hatte die KV Sachsen seit 2005 als Vorstandsvorsitzender geleitet und war im November 2022 in seine vierte Amtszeit gestartet. Die Vertreterversammlung würdigte am Mittwoch denn auch „die vielfachen Verdienste“ Heckemanns und „dankte ihm für die jahrelange engagierte Arbeit“. (sve)