Ärzte sollen bei zu langen Wartezeiten zahlen

BERLIN (sun/HL). Krankenkassen sollen die Gesamtvergütung der Vertragsärzte kürzen dürfen, wenn Kassenpatienten zu lange auf einen Termin beim Facharzt warten müssen.

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Den Ärzten soll es ans Geld gehen, wenn Kassenpatienten zu lange auf einen Termin warten müssen.

Den Ärzten soll es ans Geld gehen, wenn Kassenpatienten zu lange auf einen Termin warten müssen.

© Melanie Vollmert / fotolia.com

Eine entsprechende Ergänzung des Entwurfs für das Versorgungsstrukturgesetz hat nun das Bundesgesundheitsministerium vorgenommen.

Es reagiert damit auf wiederholte Vorwürfe, Kassenpatienten müssten zu lange auf einen Termin beim Facharzt warten.

Patienten haben Anspruch auf zeitgerechte fachärztliche Versorgung

Dazu soll das Gesetz ergänzt werden: Patienten haben danach Anspruch auf ein Versorgungsmanagement und eine notwendige Anschlussbehandlung nach Krankenhausaufenthalt, die auch eine zeitgerechte fachärztliche Versorgung einschließt.

Ferner müssen KVen und Kassen in Gesamtverträgen regeln, welche Wartezeiten auf einen Termin beim Facharzt im Regelfall und im Ausnahmefall noch eine zeitnahe Versorgung darstellen. Ausdrücklich umfasst der Sicherstellungsauftrag nun auch eine zeitnahe fachärztliche Versorgung.

Kasse kann ambulante Behandlung im Krankenhaus veranlassen

Erhält der Patient keinen zeitnahen Facharzt-Termin und kann die KV dies trotz erstmaliger Aufforderung durch die Krankenkasse nicht sicherstellen, dann kann die Kasse eine entsprechende ambulante Behandlung im Krankenhaus veranlassen.

Die Kosten für die Behandlung und den Vermittlungsaufwand kann die Kasse von der Gesamtvergütung abziehen.

Dazu Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion: "Wir begrüßen es, dass das Ministerium den Vorschlag der Union aufgreift, um das Problem zu langer Wartezeiten beim Facharzt zu lösen."

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Kommentare
Dr. Jürgen Schmidt 06.09.201100:08 Uhr

Zum Jubel ist kein Anlass

Dass ein Vorhaben dieser Art juristisch nicht stringent zu formulieren und verfassungsrechtlich nicht zu halten ist, haben ja selbst die Ärzte ohne allzu große Geistesmühe entdeckt.

Da es auch im Gesundheitsministerium eine juristische Abteilung gibt, fragt man sich, ob der Minister so unvorsichtig war, mit einem spontanen Einfall vorzupreschen, oder man ihm aus dem eigenen Hause eine Falle gestellt hat. Manches spricht für das Letztere.

Doch der ministeriale Hinweis, die Problematik könne auf der untergesetzlichen Normsetzungsebene der Selbstverwaltung gelöst werden (um dann in jedem konkreten Fall von den Sozialgerichten gekippt zu werden) macht stutzig.

Hält man unsere KBV - die natürlich längst aus den Kommentarspalten der ÄZ eines Besseren belehrt worden ist - für so blöd, auf diese Schnapsidee fragwürdiger Sanktionen auch nur einen Gedanken zu verschwenden, oder findet im BMG oder gar in der Koalition Schlimmeres statt? Wir werden es vermutlich nie wissen.

Was wir aber wissen sollten ist, dass diese Aktion Folgen in der öffentlichen Meinung hinterlässt und deshalb von KVen und KBV sachlich, fundiert und verantwortlich zur Terminproblematik und dem angeblichen Ausmaß Stellung zu nehmen ist.

Dr. Diethard Friedrich 05.09.201123:51 Uhr

Den Spieß umkehren

Warum bekommt der Patient keinen Termin? Weil der in Deutschland lebende Patient einfach zu häufig zum Arzt geht oder aber auch zu häufig vom Arzt wieder einbestellt wird. Dabei spielt wie immer das Geld ein wichtige Rolle. Den Patienten kostet es ja nichts, wenn er auch für Nichtigkeiten -zig Mal im Quartal den Arzt kontaktiert. Und der Arzt bestellt den Patienten immer wieder auch oft sinnlos ein, weil er es ja schon seit Jahrzehnten auch von seinen ausbildenden Ärzten so gelernt hat und weil pro Praxistag mindestens ein Unmenge von Patienten durchgeschleust werden müssen, damit es sich auch finanziell lohnt. Was also soll man machen? Ein Arzt darf pro Stunde nur noch maximal 4-5 Patienten behandeln oder kontaktieren. Unsinn? Keinesfalls. Im öffentlichen Gesundheitsdienst Finnlands Vorschrift.Vorteil? Mehr Zeit für den Patienten. Weniger Fehldiagosen. Weniger sinnloses Labor ecetera.Weniger Stress für Arzt und Patient.Und bei adäquater Bezahlung gleiches Einkommen. Und der Patient? Der kann aus eigener Tasche zahlen, wenn er mehr als 2 Mal und oft unnötig den Arzt aufsucht. Auf diese Weise werden bestimmt Termine frei.Und wie soll das gehen? Sowohl die Patienten als auch die Ärzte müssen endlich einmal umerzogen werden.
Wer als Arzt jemals im Ausland tätig war, versteht diese ständige Arztlauferei sowieso nicht. Unsere 35 jährige gesunde Putzfrau hat einen halben Wochentag für einen Arztbesuch schon regelmäßig eingeplant. Das ist typisch. Es kostet sie ja nichts und der Hausarzt macht das Spielchen mit statt sie lediglich einmal pro Jahr zu einer Kontrolle oder zum Impfen einzubestellen. Kein Wunder, dass es keine Termine mehr gibt. Deutschland hat die höchste Zahl an Patient/Arztkontakten. Die Lebenserwartung ist aber keineswegs die höchste.

Dr. Thomas Georg Schätzler 05.09.201114:31 Uhr

Wiedereinführung von Kollektiv- und Sippenhaftung durch FDP- Bundesgesundheitsminister?

Mein Wissen um die Förderung von Motivation mag veraltet sein, doch hier wird mit "schwarzer" Pädagogik gearbeitet: Wenn ein Kassenpatient zu lange auf einen Termin beim Facharzt warten muss, sollen die Kosten für die Alternativbehandlung z. B. im Krankenhaus und der Vermittlungsaufwand durch seine GKV-Kasse von der G e s a m t v e r g ü t u n g abgezogen werden?

Das wäre ja die Wiedereinführung der zu Recht verfassungswidrigen Kollektiv- und Sippenhaftung!

Positive Motivation wird nur durch Anerkennungs- und Belohnungssysteme erreicht:
Also besseres und leistungsgerechteres Honorar bzw. Bonus für kurzfristige Termine bei wirklich dringlichen Fällen!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Alfred Besand 05.09.201113:11 Uhr

Wartezeiten in der Praxis

Herr Minister Bahr,
die Deckelung/Mengenbeschränkung,
bei den ärztlichen Leistungen,
muss weg.

Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung
hat der Gesetzgeber im SGB V geregelt.
Nach §73 Abs.2 haben die KVen und die KBV die
ärztliche Versorgung sicherzustellen.

Hier wäre es doch angebracht, bevor die Politiker
wieder einmal Gesetzesänderungen vorhaben,
mit den Verantwortlichen für die Sicherstellung,
zu reden.

Das Bundesgesundheitsministerium so heißt es,
müsse in seinem Entwurf für das Versorgungs-
Strukturgesetz Ergänzungen vornehmen.

Auf wiederholte Vorwürfe, GKV Patienten müssten
zu lange auf einen Termin beim Facharzt warten,
müsste man reagieren.

Wer sind denn die, die diese Vorwürfe in regelmäßigen
Abständen von sich geben. Dies sind die Krankenkassen
und unsere Politiker.

Frau Doris Pfeifer Chefin der GKV -Anfang des Jahres-
„ GKV Patienten haben zu lange Wartezeiten in der
Arztpraxis“ -Ärzte müssten länger in der Praxis verweilen-.
-Umfrage der GKV sehr zweifelhaft.-

Herr Dr. Lauterbach SPD im Februar diesen Jahres:
2 Entzug der Zulassung bei längeren Wartezeiten in
der Arztpraxis.
-Äußerung Dr. Lauterbach wurde wieder abgeschwächt-

Gesundheitspolitischer Sprecher der Union
Herr Jens Spahn
Er bedankt sich beim Gesundheitsministerium, das man
den Vorschlag der Union aufgreift, das Problem zu langer
Wartezeiten beim „Facharzt“ zu lösen.
-Herr Spahn spricht jetzt nur noch von Fachärzten-

Herr Gesundheitsminister Bahr
Krankenkassen sollen die Gesamtvergütung der
Vertragsärzte kürzen dürfen, wenn Versicherte der
GKV, zu lange auf einen Termin beim Facharzt warten
müssten.
-Die Kosten wären dann von der Gesamtvergütung
an die KVen in Abzug zu bringen-.
Hier handelt es sich wieder einmal um eine Kollektivhaftung
wie zu Zeiten des Budgets.
Wahrscheinlich gibt es hier auch keine Deckelung !

Glauben Sie meine sehr verehrte Dame und Herren,
bei solchen Aussagen und die daraus entstehenden
Gesetzen das Vertrauen der Ärzteschaft zu gewinnen
und den Ärztemangel in den Griff zu bekommen.
Ganz abgesehen von der Planungssicherheit für Ärzte
und die jetzigen Medizinstudierenden.

Sie gehen doch schon wieder an der Realität vorbei.

Wenn man beschränkt wird in seinem Tun
(durch Deckelung/ Mengenbeschränkung), bekommt
hierfür nur eine geringe oder überhaupt keine Vergütung,
da Leistungen darüber hinaus nicht mehr abgerechnet
und vergütet werden. Ist es da nicht verständlich wenn
solche Behandlungen in das nächste Vierteljahr
verschoben werden. Bedingt dadurch sind doch längere
Wartezeiten vorprogrammiert.

Diese Regelung ist auch durch den Gesetzgeber
vorgenommen worden ohne sich die Konsequenzen vor
Augen zu führen.

Mein Vorschlag an den Herrn Minister Bahr:

-Ein Gesetz schaffen damit die Mengenbeschränkung/
Deckelung aufgehoben werden kann.
-Die Richtgrößen abschaffen-.
Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung wäre dennoch möglich.
Den Verwaltungsaufwand auf das notwendige zu
reduzieren.
-Der Arzt ist Mediziner und will heilen-.
Eine gerechte Vergütung für alle Ärzte zu schaffen.
-Die Einzelleistungsvergütung mit festen Punktwerten
wieder einzuführen-.

Ich meine, das so das Problem Ärztemangel und zu lange
Wartezeiten sicherlich zu lösen wäre.

Besprechen Sie sich, bevor wieder ein Gesetz verabschiedet wird
das auf Dauer nur Unzufriedenheit auslöst, mit denen die
nach dem Gesetz den Sicherstellungsauftrag haben und hören
Sie nicht nur auf Funktionäre der Krankenkassen oder auf Politiker
die Maßnahmen fordern um sich in ihrem Wahlkreis gut darstellen
zu können.
-Für GKV Versicherte die in der Regel auch Wähler sind hört sich
das vielleicht gut an. Aber bringen wird das auf Dauer niemanden
etwas weil die Wirklichkeit anders aussieht als sie dargestellt wird-.

Wenn ich die Forderungen von einigen so lese, komme ich zu dem
Entschluss, dass weder die bestehenden Gesetze, noch die
vertraglichen B

Dr. Jürgen Schmidt 05.09.201110:10 Uhr

Ruhig Blut !

Bevor man – auch angesichts der derzeitigen Dichte unqualifizierter Unterstellungen - der Empörung freien Lauf lässt, sollte man sich daran erinnern, dass unser Gesundheitswesen in seiner gegenwärtigen Form einen zivilisatorischer Spät- und Luxuserwerb darstellt, der an ökonomische Bedingungen geknüpft ist. Ohne eine gesetzliche Krankenversicherung gäbe es weder die vorhandene Arztdichte, - - noch die mehrheitliche Zufriedenheit der Ärzte mit ihrer wirtschaftlichen Situation.

Dass mit einem begrenzten Budget nur ein begrenztes Leistungskontingent finanziert werden kann, ist im kollektiven Bewusstsein der Bevölkerung mittlerweile verankert. Jedoch findet die persönliche Betroffenheit des einzelnen Patienten auf einem anderen Feld statt, zumal dann, wenn er auf demonstrative Verweigerung gestoßen ist, der durch entsprechenden Praxisaushang noch unterstrichen sein mag. Dies hat es nach Einführung von RLV und Fallzahlbegrenzungen gegeben.

Nicht nur deshalb scheint die Terminvergabe bei Fachärzten, auch die Bevorzugung von Privat- gegenüber Kassenpatienten ein Thema zu sein, dass – besonders auch von den Krankenkassen immer wieder vorgebracht - die Öffentlichkeit, insbesondere die so genannte öffentliche Meinung zunehmend beschäftigt.
Dass sich der Bundesgesundheitsminister und auch die CDU dazu äußern, ist legitim, wenngleich ein populistisches Motiv wohl nicht ausgeschlossen ist, zumal Umfragen belegen, dass es sich nicht um ein generelles, sondern um ein punktuelles Problem handelt.

Natürlich kann nicht jeder hochfrequentierte Facharzt beliebig viele Patienten versorgen.
Deshalb wäre die lokal vorhandene Facharztdichte (Unterversorgung?) bei der Analyse des Problems einzubeziehen. Strafaktionen könnten die Versorgung nur verschlechtern.

Wirksame Sanktionen gegen gesichertes Fehlverhalten wären daran gebunden, dass dem betreffenden Arzt Versäumnis und Willkür nachgewiesen werden kann, ein anderer Facharzt in zumutbarer Entfernung nicht zur Verfügung stand, der Krankheitsfall dringlich war und dem Patienten ein Schaden entstanden ist.

Letztendlich müsste ein verfassungsfestes (!) und kompliziertes Gesetz beschlossen werden, dass eine Beweisführung gegen den einzelnen Arzt ermöglicht und zugleich eine kollektive (!) Haftung für diese Einzelfälle vorsieht.

Fazit: Abwarten und Tee trinken, oder den Spieß umdrehen und die Versorgungsdichte thematisieren. Defizite sind evident, an Nachwuchs fehlt es in vielen Fächern auch.

Noch ein Wort: Man gewinnt den Eindruck, dass sich die Versorgungsdebatte unter dem Gesichtspunkt von Finanzierung und Qualität und dem Zutun von verschiedenen Seiten wieder einmal – vielleicht in Erwartung schlechterer Zeiten - zuspitzt. Langsam wird es unvermeidlich, dass die Ärzteschaft sich auch der Rationalisierungsdebatte stellt, offene Flanken schließt und sich über partielle Leistungsdichten Gedanken macht, die den europäischen Durchschnitt um ein Mehrfaches übersteigen ( invasive cardiologische Diagnostik, MRT, Hausbesuche etc) .

Eine angreifbare Position zwingt den Schwächeren (die Ärzte) in die Defensive.
Auf die Gewinnerstraße kommt man nur in der Offensive.


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