„Frankfurter Erklärung“
Ärzte streiten für neue GOÄ und duales System
Die fast fertige neue GOÄ sorgt für Einigkeit bei den Ärzten: Am Samstag haben sich viele Ärzteverbände gemeinsam an Jens Spahn gewandt. In der „Frankfurter Erklärung“ stellen sie zwei Forderungen.
Veröffentlicht:Frankfurt/Main. Der Einsatz für eine neue GOÄ bringt die Ärzteschaft zusammen. Bisher elf ärztliche Berufsverbände und Fachgesellschaften, darunter der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) und der Hartmannbund, haben die „Frankfurter Erklärung“ unterzeichnet.
Darin fordern die Unterzeichner von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eindringlich die Erhaltung des dualen Leistungssystems und die umgehende Umsetzung einer neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), „um die Rechtssicherheit und Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlung zu sichern“.
Die Erklärung, die Dr. Christoph Gepp, 2. Vorsitzender des Privatärztlichen Bundesverbandes (PBV), beim Tag der Privatmedizin vor gefüllten Rängen in der Frankfurt School of Finance and Management verlas, stieß auch bei den anwesenden Ärzten auf breite Zustimmung.
Neue GOÄ – und dann?
Die derzeit gültige GOÄ-Fassung aus dem Jahr 1996 sei, heißt es in der Erklärung, „aufgrund jahrzehntelanger, schuldhafter Verweigerung der Politik nicht aktualisiert“ worden.
Auf Wunsch von Spahns Vorgänger, Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), habe die Ärzteschaft die Ausarbeitung einer neuen GOÄ „selbst geschultert und im Vertrauen darauf, dass die Politik ihrerseits auf dieser Grundlage ein Ordnungsverfahren in Gang setzt, sobald die Vorarbeiten abgeschlossen sind, überdies eine Verständigung sowohl mit der PKV als auch der Beihilfe über Leistungsinhalte und Bewertungsfragen vorangetrieben“, heißt in der „Frankfurter Erklärung“.
Dr. Christof Mittmann, erster Vorsitzender Verband der Privatärztlichen Verrechnungsstellen, lobte bei einer Podiumsdiskussion die verbandsübergreifende Zusammenarbeit zur Ausarbeitung einer neuen GOÄ und mahnte an, eben diese GOÄ jetzt auch zu verabschieden, „ohne dass die Politik sich wieder in die Ärzteschaft hineindekliniert und diese Dinge wieder zum Sterben bringt“.
Bis zum Jahresanfang wollen sich Bundesärztekammer (BÄK) und Privatversicherer auf eine endgültige Bepreisung der reformierten GOÄ-Leistungen geeinigt haben, wie BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt und PKV-Verbandsdirektor Dr. Florian Reuther kürzlich in Berlin berichteten.
Das „bewährte duale System von gesetzlicher Krankenversicherung und privater“ sei entscheidend für die hohe Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems. So heißt es in der Frankfurter Erklärung, und darüber waren sich auch die Teilnehmer des Podiums einig.
Eine mögliche Zusammenlegung von GOÄ und einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM), die gerade von der wissenschaftlichen Kommission für ein modernes Vergütungssystem geprüft wird, „wäre katastrophal für alle frei arbeitenden Ärzte, aber auch für die gesamte Ärzteschaft und die Patienten“, so Dr. Christoph Gepp.
Sollte eine einheitliche Honorarordnung tatsächlich umgesetzt werden, werde der PBV mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorgehen – notfalls mit Verfassungsklage. Die Vorschläge der zur Prüfung einer gemeinsamen Honorarordnung eingesetzten Kommission werden bekanntlich zum Jahresende erwartet.
Die ärztliche Therapiefreiheit, heißt es in der Erklärung weiter , „bewahrt das Gesundheitssystem insgesamt vor Erstarrung und Stillstand“. Die Entscheidung über die bestmögliche Therapie müsse „frei von der Erfüllung politischer Zielvorgaben, Beeinflussung durch den Staat und Versicherungen sein“.
Gerechtigkeit heißt nicht Gleichheit
Dr. Hans-Friedrich Spies, Vorstandsmitglied im Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa), wies darauf hin, dass Ärzte bei Zusammenführung von EBM und GOÄ dennoch eine eigene Gebührenordnung bräuchten und dann neu ausarbeiten müssten.
Spies kritisierte in der Diskussion, Spahn stelle mit seinen Reformbemühungen die „Grundprinzipien unseres Gesundheitssystems infrage“, das – anders als häufig behauptet – sehr wohl gerecht sei. „In der gesellschaftlichen Debatte wird Gerechtigkeit mit Gleichheit verwechselt!“, sagte Spies.
Johannes Roller, zweiter Vorsitzender des Verbands operativ tätiger Privatkliniken, pflichtete dem bei: Im deutschen Gesundheitssystem erhielten alle Patienten bei Bedarf die nötige Versorgung.
Auch Dr. Ralf Kantak, Vorstandsvorsitzender des PKV-Verbands, machte sich am Samstag stark für ein Nebeneinander von PKV und GKV, da beide Seiten voneinander profitierten – und damit auch die Patienten, die sich ihren Arzt frei wählen können.