Neue Corona-Pläne
„Ampel“-Partner: Keine Pflicht für Ärzte zur Booster-Einladung
Die potenziellen „Ampel“-Koalitionäre haben sich auf einen Gesetzentwurf zu Corona-Maßnahmen verständigt. Ein für Ärzte wichtiger Bestandteil: Booster-Einladungen durch Arztpraxen wird es nicht geben.
Veröffentlicht:Berlin. Einladungen zu Corona-Auffrischungsimpfungen durch Arztpraxen sind vom Tisch. „Das werden unsere Ärzte nicht schaffen“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, am Dienstag bei einem virtuellen Pressegespräch zu einem Gesetzentwurf für eine neue Rechtsgrundlage der Corona-Maßnahmen.
Dittmar reagierte damit auf Vorschläge, wonach Ärzte über 70-jährige Patienten zu den Booster-Impfungen einladen sollen. „Das ist Unsinn“, so Dittmar, die auch Ärztin ist. Einladen sollten Kommunen und Kassen. Jedoch erwarte sie von Ärzten, dass diese Patienten direkt ansprechen, bei denen eine Auffrischung angezeigt sei.
„Keine neue Bürokratie“
Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, betonte, man brauche jetzt keine neuen „bürokratischen Erfordernisse“ in Praxen. Auch sie wies den Vorschlag nach ärztlichen Booster-Einladungen entschieden zurück.
Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink sagte, man sei beim Boostern zu langsam. „Wichtig ist jetzt, dass die Menschen, bei denen eine Auffrischung nötig ist, auch erreicht werden und sie klare Botschaften bekommen.“ Laut Impfdashboard des Bundesgesundheitsministeriums haben bis dato 2,8 Millionen Bürger Impfbooster erhalten.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte zuvor davor gewarnt, Praxen mit einem Einladungsverfahren zu überziehen. „Wer verlangt, Ärzte sollen die Patienten einladen, lebt fern der Realität“, so KBV-Vorstandschef Dr. Andreas Gassen.
Die Arztpraxen hätten bereits bewiesen, dass sie das Impfen quantitativ stemmen könnten und rund 3,4 Millionen Impfungen pro Woche oder 13,5 Millionen Impfungen pro Monat schafften. „Das geht aber nur, wenn sie impfen, impfen und impfen – und sich nicht auch noch mit überbordender Bürokratie beschäftigen müssen.“
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Impfstoff-Logistik gegebenenfalls nachbessern
Aschenberg-Dugnus sagte, Impfstoff für die Booster-Impfungen gebe es laut geschäftsführendem Bundesgesundheitsministerium ausreichend. „Das muss jetzt schnell in die Praxen.“ Passiere das nicht, sei bei der Logistik nachzubessern. „Daran darf es nicht scheitern.“ Klein-Schmeink erinnerte daran, dass die Bestellfristen für die Praxen von zwei auf eine Woche verkürzt werden sollen.
Die „Ampel“-Partner hatten am Montagabend ihren Gesetzentwurf zu neuen Pandemie-Maßnahmen vorgelegt. Zentraler Punkt ist ein neuer, „bundesweit einheitlich anwendbarer Katalog möglicher Schutzmaßnahmen“, der ins Infektionsschutzgesetz eingepflegt werden soll. Der Katalog soll den Ländern auch nach Auslaufen der epidemischen Lage zum 25. November die Bekämpfung der Corona-Pandemie ermöglichen. Er soll bis zum 19. März 2022 gelten.
Zu den Maßnahmen gehören Abstandsgebote, Maskenpflicht, 3G-Regelungen für Betriebe, Gewerbe oder Veranstaltungen sowie Hygienekonzepte in Kitas und Schulen. Schulschließungen und neuerliche bundesweite Lockdowns soll es nicht mehr geben. Der Bundestag will das Gesetz am Donnerstag erstmals beraten.
Kein „Freedom-Day“
Die „Ampel“-Politikerinnen betonten, Corona-Maßnahmen würden mit dem Gesetz nach dem Ende der epidemischen Lage auf eine rechtssichere Grundlage gestellt. „Das ist ein wichtiger Schritt“, so Klein-Schmeink.
Dittmar betonte, die Länder könnten ungeachtet des Auslaufens der epidemischen Lage weiter „handeln“. Dies sei angesichts der sich derzeit massiv zuspitzenden Corona-Lage auch wichtig. Aschenberg-Dugnus verwies darauf, dass Corona-Entscheidungen ins Parlament zurückgeholt würden. Ein „Freedom Day“ markiere der 25. November aber nicht. „Die Situation ist ernst“, sagte Klein-Schmeink mit Blick auf einen neuerlichen Rekordwert bei der Sieben-Tage-Inzidenz von knapp 214 je 100.000 Einwohner.
Es sei mit Sicherheit eine „kommunikative Herausforderung“, das Auslaufen der Pandemie-Notlage einerseits zu verkünden und den Menschen gleichzeitig deutlich zu machen, dass sie weiter große Vorsicht walten lassen müssten. Aschenberg-Dugnus betonte, der Ausweg aus der Pandemie bestehe weiter im „Impfen, impfen, impfen“.
Um die zuletzt ins Stocken geratene Impfkampagne wieder flott zu machen, soll den Angaben zufolge in Kürze ein „Impftempo-Panel“ mit Experten und Praktikern stattfinden. Eine Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegeberufe lehnten die drei Politikerinnen ab. Am Ende treibe dieser Schritt womöglich Pflegekräfte aus dem Beruf, warnte Klein-Schmeink.
Keine Impfpflicht für Pfleger
Im Übrigen gebe es für Beschäftigte, die mit besonders verletzlichen Gruppen zu tun hätten, so etwas wie ein „ethisches Grundgerüst“, das auch eine Impfung einschließe. Dittmar erklärte, die Impfquoten seien sehr unterschiedlich. Ein „Monitoring“ der Impfraten in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen solle Klarheit bringen, so die SPD-Politikerin.
Geplant ist zudem ein befristetes Comeback der kostenlosen Bürgertests. Klein-Schmeink sprach von einem Zeitraum von zwei, drei Monaten. Es sei ein „großer Fehler“ gewesen, die Gratis-Tests zu beenden. Im Kampf gegen die vierte Welle brauche es jetzt „alle Elemente“, so auch das Testen.
Aschenberg-Dugnus sagte, mit den Tests ließen sich mehr Infektionsherde besser aufspüren. Eingeführt werden soll auch eine tägliche Testpflicht für Beschäftigte am Arbeitsplatz, die weder eine Impfung noch einen Genesenen-Status haben. Details zu dieser 3G-Regelung müssten aber noch ausgearbeitet werden, hieß es.
Unklar ist etwa, ob Beschäftigte, die einen Test ablehnen, freigestellt werden sollen. Das geschäftsführende Bundesarbeitsministerium sei um eine Prüfung gebeten worden, wie sich 3G am Arbeitsplatz „wirkungsvoll“ umsetzen lassen, sagte Klein-Schmeink.