Der Standpunkt

Analyse mit Fakten bitte

Ein Jahr ist es her, dass ein großes Erdbeben an Japans Ostküste zum nuklearen Gau geführt hat. Vieles wurde bislang aufgearbeitet, doch längst sind nicht alle Lehren gezogen. Was dabei erst recht nicht weiterhilft, ist etwa die Fundamentalopposition zur Kernkraft, meint Matthias Wallenfels.

Veröffentlicht:

Der Autor ist Redakteur im Ressort Wirtschaft. Schreiben Sie ihm: matthias.wallenfels@ springer.com

Am 11. März vergangenen Jahres ereignete sich im Nordosten Japans nicht nur ein großes physisches Erdbeben, das mit anschließendem Tsunami weite Teile des Landes zerstört und knapp 20.000 Menschen in den Tod gerissen hat.

Mit der durch die Naturgewalten verursachten Havarie des Atomkraftwerkes Fukushima Daiichi - die die japanische Regierung später auf eine Stufe mit der Katastrophe von Tschernobyl im Jahre 1986 stellte - wurden in vielen Ländern auch die atompolitischen Konzepte aus den Angeln gehoben.

So geschehen in Deutschland, als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem erdrutschartigen Wahlerfolg von Grünen und SPD in Baden-Württemberg keine drei Wochen nach Fukushima den deutschen Atomausstieg auf den Weg brachte.

Welche Lehren ziehen wir also aus Fukushima? Diese Frage stellen sich auch viele ärztliche Berufsverbände und wissenschaftlichen Gesellschaften.

Gegen eine seriöse, faktenbasierte Fehleranalyse der Ereignisse - auch der des Risikomanagements der japanischen Regierung sowie der der zweifelhaften Informationspolitik des Kraftwerksbetreibers Tepco - ist nichts einzuwenden.

Daraus können unter Umständen wichtige Erkenntnisse zur Vorbeugung ähnlicher Reaktor-Katastrophen auf dem gesamten Globus gewonnen werden.

Dann müssen nur noch die jeweiligen Regierungen, Aufsichtsbehörden, aber auch die Betreiber der Atomkraftwerke mitspielen, da ein Regelwerk, das nur auf dem Papier existiert, im Ernstfall nichts und niemandem nützt.

Vorstöße, wie der der deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW), eine Abschaltung aller Reaktoren weltweit zu fordern, da angeblich das Erdbeben und nicht der Tsunami die Havarie in Fukushima verursacht haben soll, konterkarieren als faktenunabhängige Dämonisierung der Kernkraft die durchaus notwendige, zukunftsgerichtete Atomdebatte.

Statt auf Fundamentalopposition zu setzen, sollte die IPPNW besser ihren durchaus vorhandenen Sachverstand einbringen.

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Strategie gegen Personalmangel in der Versorgung

BMC schlägt interprofessionelle Weiterentwicklung von DMP vor

Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 10.03.201218:32 Uhr

Es geht nicht um "Fundamentalopposition"!

Es geht um Vernunft, Ehrlichkeit, Fehlermanagement, Innen- und Außenkritik und Zukunftsfähigkeit. Die Zukunft der Atomenergie, der Bestand von Atommeilern ist Gegenstand öffentlicher Debatte.

"Seriöse, faktenbasierte Fehleranalyse der Ereignisse" - genau das hätte ich von der japanischen Regierung, den Atomaufsichtsbehörden und dem mit beiden verbandelten Kernkraftwerksbetreiber TEPCO erwartet. Nicht monatelange Hinhalte- und gezielte Desinformationstaktik, ob und wie viele Kernschmelzen der Reaktorbrennstäbe stattgefunden hätten, sondern welches Ausmaß und welche Konsequenzen dieser Super-GAU haben wird.

Denn während in Tschernobyl bereits der zweite Beton-Sarkophag gebaut wird, wollten die TEPCO-Verantwortlichen uns allen Ernstes weis machen, dass Plastikplanen vor weiterer Korrosion der Trümmer und dem unkontrollierten Entweichen von Radioaktivität schützen könnten, während im Untergrund alles in den Pazifik sickert. Dagegen nimmt sich hier die IPPNW-Diskussionsbemerkung, ob nun Erdbeben oder Tsunami wesentlicher und ursächlicher für die Katastrophenauslösung gewesen wären, deplatziert wie eine Henne-Ei-Erörterung aus.

Die Bundesregierung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat unglaubwürdig und hektisch reagiert, da stimme ich Ihnen zu. Aber wundert es Sie nicht, dass trotz des hastigen deutschen Atomausstiegs nicht nur die Industrie weiter boomt, sondern PC, Kaffeemaschine, Licht und damit die Versorgung mit Strom in der Redaktion weiter funktionieren?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM (z. Zt. Mauterndorf/A)

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ergebnisse des Pilotprojekts in Baden-Württemberg

Wenn der Wandel zur Hausarztpraxis 2.0 HÄPPI macht

Lesetipps