Arzneimittel
Apotheker sauer über anhaltende Lieferausfälle
Müssen Patienten nach Hause geschickt werden, weil das verordnete Medikament längerfristig nicht verfügbar ist, schlägt das Apothekern auf die Stimmung. Jetzt ist dem Hessischen Apothekenverband der Kragen geplatzt.
Veröffentlicht:OFFENBACH. Der Hessische Apothekerverband (HAV) beklagt zunehmende Lieferprobleme von Arzneimittelherstellern für einzelne Präparate.
Bereits im vergangenen Herbst hatte der HAV auf Probleme mit der Verfügbarkeit von Schilddrüsen-Präparaten hingewiesen.
Bis heute sei es den Herstellern nicht gelungen, dieses Problem zu beheben. Auch fehlten plausible Erklärungen der Unternehmen, wie es dazu kommt, "dass es monatelang nicht möglich ist, die Apotheken mit bestimmten Wirkstärken dieser Arzneimittel zu beliefern", sagte Hans Rudolf Diefenbach, Vize-Vorsitzender des HAV.
Nach seinen Angaben werde es immer schwerer, bei Patienten, die nicht mit den verschriebenen Arzneimitteln versorgt werden können, um Verständnis für diese "unhaltbare Situation" zu werben.
Dem Apothekenverband zufolge erstrecken sich die Lieferprobleme zudem auf bestimmte Hormonpflaster, gängige Schmerzmittel, Antibiotika, Diabetes-Präparate und Blutdrucksenker.
Auch ein Kortison-Präparat, das nach der Apothekenbetriebsordnung im Notfallsortiment jeder Apotheke verfügbar sein muss, sei nicht mehr zu bekommen, sagte Diefenbach.
Rabattverträge als Ursache?
Der HAV mutmaßt, dass Rabattverträge eine der Ursachen für die Lieferausfälle sind. Angesichts einer Preisspirale nach unten bei den rund 17.500 Rabattverträgen könnten Hersteller andere Märkte, auf denen höhere Preise erzielt werden können, bevorzugt beliefern. Der Verband forderte, der neue Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) solle sich dieses Themas annehmen.
Für Apotheken sei die Liste mit Lieferengpässen, die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführt wird, keine große Hilfe, erklärte die Sprecherin des HAV, Kirsten Müller-Kuhl, auf Anfrage der "Ärzte Zeitung".
Die Liste führt auch nur Lieferengpässe von Arzneimitteln auf, "bei denen ein besonderer Informationsbedarf der Fachöffentlichkeit vorausgesetzt wird", heißt es auf der BfArM-Webseite.
Dies gelte für Medikamente, die "überwiegend zur Behandlung lebensbedrohlicher oder schwerwiegender Erkrankungen bestimmt und für die keine Alternativpräparate verfügbar sind".
Die HAV-Sprecherin forderte, die bisher nur freiwillige Meldung von Engpässen an das BfArM müsse zur Pflicht für Hersteller werden.
Die pharmazeutischen Unternehmen müssten zudem vom Bundesgesundheitsministerium dazu veranlasst werden, entsprechende Lagerkapazitäten für Medikamente vorzuhalten, so Müller-Kuhl. (fst)