Durchbruch bei Sondierungen
Union und SPD wollen „große Pflegereform“ auf den Weg bringen
CDU, CSU und SPD wollen in Koalitionsverhandlungen eintreten. Grundlage bildet ein elfseitiges Sondierungspapier. Den Themen Pflege und Gesundheit sind darin drei Zeilen gewidmet – es bleibt zunächst bei Allgemeinplätzen.
Veröffentlicht:
Drei Herren mit Dame: Am Internationalen Frauentag (8. März) präsentieren Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Fast-Kanzler Friedrich Merz (CDU) und die beiden SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken (v.l.) ihre Sondierungsergebnisse.
© Michael Kappeler/dpa
Berlin. Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl (23. Februar) haben sich Union und SPD auf die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen verständigt und angekündigt, eine „große Pflegereform“ auf den Weg bringen zu wollen. Das teilten die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD – Friedrich Merz, Markus Söder, Lars Klingbeil und Saskia Esken – nach Abschluss gemeinsamer Sondierungsgespräche am Samstag in Berlin mit.
61 Abgeordnete im Porträt
Das sind die Gesundheitsprofis im neuen Bundestag
Grundlage für die Koalitionsgespräche bildet ein elf Seiten langes Papier, das der Ärzte Zeitung vorliegt. „Deutschland steht vor historischen Herausforderungen“, heißt es darin. Das Land brauche „Stabilität und Aufbruch – für eine sichere Zukunft, für wirtschaftliche Stärke und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“.
Dazu soll, wie berichtet, ein 500 Milliarden Euro schweres „Sondervermögen“ aufgelegt werden, um Deutschland „wieder in Schwung zur bringen“. Dies soll durch Investitionen in „Straßen, Bildung, Digitalisierung, Energie und Gesundheit“ geschehen.
Das Sondervermögen, von dem explizit auch Krankenhäuser profitieren sollen und für das eine Laufzeit von zehn Jahren vorgesehen ist, soll noch vor der Konstituierung des neuen 21. Deutschen Bundestages beschlossen werden. Dazu will das Parlament in „alter“ Zusammensetzung am 13. und 18. März zusammenkommen.
Sondervermögen auch für Krankenhaus-Investitionen
Ob eine Verabschiedung des Sondervermögens mit Zwei-Drittel-Mehrheit gelingt, gilt Beobachtern als offen. 100 der 500 Milliarden Euro sollen den Ländern und Kommunen bereitgestellt werden – auch für Investitionen in die Modernisierung der Krankenhauslandschaft.
Bei den Themen Pflege und Gesundheit bleibt das Papier ansonsten mager und auf wenige Allgemeinplätze begrenzt. So heißt es auf Seite 10 lediglich: „Die Gesundheitsversorgung muss für alle gesichert bleiben. Wir wollen eine große Pflegereform auf den Weg bringen. Wir stehen für eine bedarfsgerechte Krankenhausversorgung in der Stadt und auf dem Land.“
Die prekäre Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – im vergangenen Jahr haben die Kassen ein Defizit von rund 6,2 Milliarden Euro angehäuft – bleibt unerwähnt. Ebenso die Frage, wie die ambulante ärztliche Versorgung gestärkt werden kann.
Unter anderem die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte zuletzt darauf gedrängt, eine neue Bundesregierung müsse sich beiden Themen rasch widmen. Die Vertragsärzteschaft dürfte nun auf Näheres in einem auszuhandelnden Koalitionsvertrag hoffen.
Drei magere Zeilen zu Pflege und Gesundheit
Dass Union und SPD die Pflegeversicherung modernisieren müssen, wird allgemein erwartet – vor allem die Pflegekassen drängen auf Reformen. Erst kürzlich musste eine erste Pflegekasse Liquiditätshilfe beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) beantragen. Passiere nicht rasch etwas, könnten weitere Kassen folgen, ist zu hören.
Die Finanzlage in der gesetzlichen Pflegeversicherung ist seit Jahren defizitär: Einer wachsenden Zahl von Pflegebedürftigen steht eine sinkende Zahl an Beitragszahlern gegenüber. Auch muss die Pflegeversicherung weiter versicherungsfremde Leistungen schultern.
Dazu gehört etwa die Finanzierung der Rentenbeiträge pflegender Angehöriger, die jährlich mit bis zu vier Milliarden Euro zu Buche schlägt, sowie Kosten für die Pflegeausbildung, die wiederum rund 250 Millionen Euro schlucken. Die Kassen pochen daher auf einen „dynamischen“ Bundeszuschuss aus Steuermitteln. Gleiches fordern AOK, TK & Co. für die GKV.
Kommt der von Ärzten erhoffte Bürokratieabbau?
Angehen wollen Union und SPD auch das Thema Bürokratie. Berichts-, Dokumentations- und Statistikpflichten sollen – so steht es im Papier kryptisch – abgeschafft werden. Ob dies auch für den Gesundheitssektor, sprich Praxen und Krankenhäuser gilt, bleibt abzuwarten. KBV und Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund haben einen spürbaren Bürokratieabbau in ihren Bereichen mehrfach angemahnt.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nannte die „Einigung“ bei den Sondierungsgesprächen in einer ersten Reaktion „fair“. Sie enthalte viele „gute Kompromisse“ und stelle eine „gute Grundlage“ dar, teilte der SPD-Politiker am Samstag via Online-Plattform „X“ mit. (hom)