Patientenbeschwerden
BVA klopft Kassen auf die Finger
Das Bundesversicherungsamt schaut derzeit den Kassen massiv auf die Finger. Von Schlamperein und Trickserein ist die Rede. So haben sich zum Beispiel Patienten mit feuchter altersbedingter Makuladegeneration über das Gebaren der Kassen beschwert.
Veröffentlicht:BONN (fst). GKV-Patienten, die an feuchter altersbedingter Makuladegeneration (AMD) leiden, haben sich vielfach beim Bundesversicherungsamt (BVA) beschwert: Kassen wollten nur einen Teil der Behandlungskosten zahlen, berichtet die Behörde in ihrem neuen Jahresbericht.
Kern des Problems ist, dass es keine EBM-Ziffer für die intravitreale Injektion gibt, mit der das zugelassene Medikament bei AMD, der Wirkstoff Ranibizumab (Lucentis®), verabreicht werden könnte. Der Bewertungsausschuss, so das BVA, komme seit Jahren nicht seiner Aufgabe nahe, eine solche Vergütungsziffer vorzulegen.
Da eine Abrechnung auf Chipkarte damit nicht möglich ist, haben etliche Kassen mit Augenärzten Verträge geschlossen. Darin ist eine Pauschale für die Behandlung von Patienten mit AMD vereinbart, die außer der ärztlichen Leistung auch die Anästhesie und das Arzneimittel umfasst.
Unausgesprochene Prämisse dabei ist, dass Augenärzte nicht das zugelassene Arzneimittel applizieren, sondern das kostengünstigere Bevacizumab (Avastin) im Rahmen einer Off-label-Verordnung.
Patienten müssen unklare Kassenverträge ausbaden
Entsprechen ungehalten reagierte eine Kasse, als Patienten Augenärzte aufsuchten, die nicht an diesen Verträgen teilnehmen: Sie haben versucht, die Kostenerstattung nach analogen GOÄ-Ziffern auf den Betrag zu begrenzen, der pauschal mit den Vertragspartnern vereinbart wurde.
Das sei unzulässig, stellt das BVA klar. Wegen der fehlenden Vergütungsziffer und angesichts der Schwere der Erkrankung, "besteht eine Versorgungslücke" in der GKV, urteilt die Aufsichtsbehörde. Daran änderten auch von den Kassen geschlossene Verträge nichts.
Das BVA betont das Recht der Versicherten, "unter den zur vertragärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern frei zu wählen". Die Kasse dürfe Versicherte auf den Vertrag hinweisen, nicht aber zwingen, einen bestimmten Arzt zu konsultieren.
Die betroffene Kasse wurde vom BVA "beraten" und änderte ihr Abrechnungsgebaren.