Menschen mit Behinderung
Bei Zahnweh in die Klinik
Um die zahnmedizinische Versorgung schwerbehinderter Menschen zu verbessern, setzt Berlin auf ein stationäres Angebot. Die Deutsche Praxisklinikgesellschaft hält das für den falschen Weg.
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Zahnbehandlung - ist die stationäre Aufnahme von Patienten der falsche Ansatz?
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BERLIN. In Berlin hat ein Behandlungszentrum für die zahnärztliche Behandlung von schwer mehrfachbehinderten Menschen eröffnet. Das Angebot am Vivantes Klinikum Neukölln umfasst eine Spezialambulanz und die Möglichkeit zur stationären Behandlung.
Sie wurde durch eine Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Land Berlin und Vivantes neu geschaffen. Dem Klinikum Neukölln sind dazu im Rahmen der Krankenhausplanung zwei zusätzliche Betten bewilligt worden.
Versorgungslücke ist geschlossen
Das Land Berlin unterstützt den Aufbau des Behandlungszentrums auch finanziell mit 30.000 Euro. Es ist nach eigenen Angaben das einzige Bundesland, das diesen Weg geht.
Gesundheitssenator Mario Czaja erklärte zur Eröffnung des Zentrums: "Ich freue mich, dass es uns nach mehrjährigem Ringen endlich gelungen ist, die bisher bestehende Versorgungslücke in der zahnmedizinischen Behandlung von schwer mehrfachbehinderten Menschen schließen zu können."
Die zahnmedizinische Versorgung Schwerbehinderter ist in der Tat problematisch. Auf das damit verbundene Problem der mangelnden Vergütung für ambulante Narkosen bei solchen Behandlungen hat die Präsidentin der Deutschen Praxisklinikgesellschaft (PKG) Christel Stoeckel-Heilenz bereits mehrfach hingewiesen.
Stoeckel-Heilenz hält den Berliner Weg jedoch für die völlig falsche Lösung: "Es ist kontraproduktiv, Behinderte zur Zahnbehandlung stationär aufzunehmen", sagte sie der "Ärzte Zeitung". Sie würden aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen und Krankenhauskeimen ausgesetzt.
Zudem sei es gesundheitsökonomisch unsinnig. "Während dieses Vorgehen Kosten ohne Ende produziert, wird die ambulante Behandlung immer noch nicht ausreichend vergütet", so Stoeckel-Heilenz.
Auch Förderung löst Problem nicht
Erste Verbesserungen bei der Vergütung sind in Berlin in diesem Jahr eingetreten. Denn im Rahmen der Gesamtvergütung haben Kassen und KV eine Förderung für ambulante Narkosen bei zahnärztlichen Behandlungen für Schwerbehinderte vereinbart.
Doch gelöst ist das Problem aus Sicht der PKG damit nicht. Deshalb hat sich Stoeckel-Heilenz an den Patientenbeauftragten der Bundesregierung Wolfgang Zöller (CSU) gewandt.
Zöller hat Stellungnahmen von der KBV und ihrer zahnärztlichen Schwesterorganisation KZBV eingeholt. Sie kommen zu gegensätzlichen Einschätzungen. Die KBV sieht das Problem dadurch gelöst, dass die Finanzierung der Leistung den regionalen Vertragspartnern überlassen bleibt.
Dagegen weist die KZBV auf die Schwierigkeiten hin, die sich daraus ergeben. Nach Angaben der KZBV nutzen nur wenige KVen die Möglichkeit, diese Narkosen außerhalb des Regelleistungsvolumens zu festen Preisen zu vergüten.