Beschneidung: Machen sich Ärzte strafbar?

Für Amerikaner ist sie Teil der Hygiene, für Moslems und Juden ein Ritual ihrer Religion: die Beschneidung von Jungen. Für Kölner Richter ist sie aber vor allem eines: strafbar, und zwar für Ärzte.

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Beschneidung eines muslimischen Jungen: Für deutsche Ärzte sieht das LG Köln Strafbarkeit.

Beschneidung eines muslimischen Jungen: Für deutsche Ärzte sieht das LG Köln Strafbarkeit.

© Mohamed Messara / epa / dpa

KÖLN (dpa). Die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen ist nach Auffassung des Kölner Landgerichts (LG) grundsätzlich strafbar.

In einem am Dienstag veröffentlichten Urteil sprach das LG einen Arzt, der einen Jungen beschnitten hatte, zwar frei.

Dies jedoch nur mit der Begründung, dass der Arzt von der Strafbarkeit nichts gewusst habe und deshalb einem "Verbotsirrtum" unterlegen sei.

Tatsächlich müssten Beschneidungen als "rechtswidrige Körperverletzung" betrachtet werden, so das LG.

In dem Kölner Fall hatte ein Arzt einen vier Jahre alten Jungen auf Wunsch der muslimischen Eltern beschnitten. Zwei Tage später kam es zu Nachblutungen, die Mutter brachte den Jungen in die Notaufnahme.

Davon erfuhr die Kölner Staatsanwaltschaft und erhob Anklage gegen den Arzt. Das Amtsgericht Köln sprach den Mediziner in erster Instanz frei, weil eine Einwilligung der Eltern vorgelegen habe.

Widerspruch zur körperlichen Unversertheit

Außerdem sei die Beschneidung eine "traditionell-rituelle Handlungsweise zur Dokumentation der kulturellen und religiösen Zugehörigkeit zur muslimischen Lebensgemeinschaft".

Das LG bestätigte den Freispruch. Es verwies aber darauf, dass der Arzt geglaubt habe, er würde rechtmäßig handeln. Dies sei aufgrund der bisher unklaren Rechtssituation auch glaubhaft.

Tatsächlich aber müsste eine Zirkumzision in einem solchen Fall als illegal betrachtet werden, da sie die körperliche Unversehrtheit des Kindes beeinträchtigten.

Das LG bestätigte, dass die Beschneidung in dem vorliegenden Fall medizinisch fachgerecht vorgenommen worden sei.

Es wies außerdem darauf hin, dass Beschneidungen weiterhin legal seien, sofern sie medizinisch geboten seien, etwa aufgrund einer Phimose.

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Kommentare
Dipl.-Med Matthias Junk 27.06.201217:27 Uhr

Kapitulation vor dem Kult

Absolutismus ist dem Existenz-Pluralismus des existierenden Biokosmos unserer Welt komplementär - und typisch männlich.
Die Unwiderruflichkeit der Zugehörigkeit zu dem zum Teil dummen Weltbild (im Sinne von willentlich oder unfreiwillig unwissend und stur wissensresistent) der alten patriarchalischen Religionen ist eine vorsätzliche Beeinträchtigung der späteren freien Entscheidung zu oder gegen eine absolutistische Religion und ihre Gemeinschaft.
Diese Verstümmelung Kindern anzutun, ist traditionell feige (die eigene Entscheidung des Kindes gegen den Glauben der Väter wird befürchtet, weil dies den Glauben der Väter in das Abseits gleiten lassen könnte, und so wird der künftige Freie Mann in der Schwäche seiner Kindheit brutal überrumpelt ...) und übergriffig (rigoros über eventuelle spätere autarke Interessen des Mannes hinweggesetzt - patriarchalisches Denken hat immer schon zuerst bestimmt und geherrscht - und in der geschichtlichen Realität besonders als religiöses Denken immer gegen und über andere) und passt damit in die Gesamtstrukturen dieser Weltanschaungen.
Die medizinisch begründbaren Vorteile sind dem moralischen Verbrechen gegenüber marginal.
Das "etwas" früher schon - manchmal immer noch - gemacht wurde und in bestimmten Gegenden und in manchen reaktionären Hirnen "Tradition" genannt wird, darf nicht länger als Begründung für die weitere Duldung herhalten.
Auch andere ehemalige heilige -aber absurde- Traditionen wurden - Mensch sei Dank ! - längst abgeschafft.
Gott sei Dank.
Falls es ihn gibt...
Und das zu bestimmen (das es Gesetz ist zu glauben, dass es Gott gibt) und andere zu zwingen, dies zu glauben oder so zu tun, als seien die, die "sowas" glauben, einen Deut besser als die nicht Glaubenden Mitmenschen, das ist der größte noch immer geduldete moralische IRR-SINN.
Glauben darf jeder, was er will. Und jeder andere was anderes. Mit gleichem Recht.
Jungs mit der Zugehörigkeits-Verstümmelung mussten dran glauben, um für immer dran glauben zu müssen.
NEIN DAZU !!!

Thomas Prouschil 27.06.201206:35 Uhr

Herr Lohmüller

Glauben Sie das wirklich? Also wenn eine Frau mit einem HIV-positiven Mann Geschlechtsverkehr hat, ist sie bei einer Beschneidung des Mannes geschützt??
Der Punkt bzgl. des Antisemitismus und der Hinweis auf Hitler ist mir allerdings keinen Kommentar wert.

Wolfgang Lohmueller 26.06.201222:59 Uhr

Si tacuisses Professor Dr.Martin Herrmann

1) Die männliche Vorhaut ist zu gar nichts nütze.
1.1.) Zu sexueller Stimulation bedarf es ihrer nicht. Das beweisen die Juden und Araber seit tausenden von Jahren.
1.2.) Sas Smegma (Rillenkäs) ist hoch kanzerogen und überträgt HIV- und sonstige Viren.
2.) Zur Geburtenkontrolle taugt die männliche Beschneidung überhaupt nicht. Siehe oben. Aber sie schützt die Frau vor Krebs und AIDS.
3.) Die Kriminalisierung der biblischen und muslimischen Jungenbeschneidung ist moderner Antisemitismus im pseudowissenschaftlichen Gewand. Hitler hätte seine Freude dran.
4.) Die Gleichsetzung von männlicher Vorhautbeschneidung und weiblicher Klitoris- oder Labienverstümmelung ist unlauter, weil in keinster Weise wissenschaftlich haltbar.
Fazit: Männliche Vorhautbeschneidung ja, weibliche Beschneidung nein.

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