Richtlinie Hämotherapie
Blutspende: Ärzteorganisationen wehren sich gegen Diskriminierungsvorwürfe
Alle zwei Jahre wird die Richtlinie Hämotherapie überprüft. Damit kocht auch die Debatte um Blutspenden homo- und bisexueller Männer hoch. Ärzteorganisationen, allen voran die BÄK, bemühen sich nun um eine sachliche Diskussion.
Veröffentlicht:Berlin. In der Debatte um Blutspenden von homosexuellen und bisexuellen Männern wehren sich Ärzteorganisationen gegen Diskriminierungsvorwürfe. „Das Engagement für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung gehört zum grundlegenden ärztlichen Selbstverständnis“, erklärten die Bundesärztekammer sowie sieben medizinische Fachgesellschaften am Samstag in Berlin. Dennoch dürften die sachlichen Argumente nicht aus den Augen verloren werden.
„Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Qualität und die Sicherheit von Blutprodukten in Deutschland und den Schutz der Empfänger vor der Übertragung schwerwiegender Infektionskrankheiten.“
Blutspende nur nach Wartefrist
Seit der Aids-Krise in den 80er Jahren war es Männern, die Sex mit Männern haben, zunächst verboten, Blut zu spenden. Seit 2017 dürfen schwule, bisexuelle und transsexuelle Männer zwar wieder Blut spenden, aber nur nach einer Wartefrist von zwölf Monaten seit dem letzten Sexualverkehr. Das Spendeverbot wird damit begründet, dass das Sexualverhalten der genannten Personen „ein Risiko für den Empfänger von Blutprodukten“ mit sich bringen könne.
In ihrer Erklärung wenden sich Bundesärztekammer und Fachgesellschaften gegen eine aus ihrer Sicht fehlgeleitete Debatte. Es sei „ein unglückliches Missverständnis“, wenn Regelungen, die durch ein bestimmtes Verhalten und dadurch bedingte Infektionsrisiken entstanden seien, fälschlicherweise mit einem Verbot oder gar mit Diskriminierung verwechselt würden, heißt es. Die Zulassungskriterien zur Blutspende könnten und dürften nicht als Gradmesser für gesellschaftliche Akzeptanz oder Diskriminierung herangezogen werden.
Politische Einflussnahme problematisch
Bundesärztekammer, Fachgesellschaften und Blutspendedienste warnten zugleich vor einer politischen Einflussnahme auf diese Entscheidung. Allein wissenschaftliche Erkenntnisse dürften Grundlage von Richtlinien in der Medizin sein. Die im Transfusionsgesetz angelegte Aufgabenzuweisung bei der Richtlinienerstellung müsse deshalb erhalten bleiben. Bestrebungen der Politik, die Richtlinienkompetenz von der Bundesärztekammer auf weisungsgebundene Bundesoberbehörden zu verlagern, seien entschieden abzulehnen.
Der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß begrüßte die Erklärung. Die Patientensicherheit dürfe keinesfalls der politischen Korrektheit geopfert werden, sagte er in Berlin: „Ich kann verstehen, dass sich Mediziner durch Teile der Politik unter Druck gesetzt fühlen, das passende Mainstream-Ergebnis zu liefern.“
Grüne, Linke und FDP fordern seit Jahren, dass die Bundesärztekammer lediglich tatsächliches Risikoverhalten statt vermeintliche „Risikogruppen“ berücksichtigen müsse. Auch aus der CSU kommen mittlerweile Stimmen, die Regelung zu verändern. (kna)