Einheitliche Standards beschlossen
Bund-Länder-Gipfel ebnet regionalen Corona-Lockdowns den Weg
Die Bundesländer erhalten wieder mehr Instrumente, um die hohen Corona-Inzidenzen zu bekämpfen. Über die Impfpflicht soll aber der Bundestag entscheiden, beschlossen Bund und Länder beim Corona-Gipfel.
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Hendrick Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (vorne von rechts), Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD), SPD-Kanzlerkandidat und Bundesminister der Finanzen, auf dem Weg zur Pressekonferenz, auf der sie die beschlossenen Maßnahmen vorstellten.
© John Macdougall/AFP-Pool/dpa
Berlin. Die Bund-Länder-Runde hat sich am Donnerstag nach dreieinhalbstündigen Verhandlungen darauf geeinigt, dem Bundestag die Entscheidung über eine allgemeine Corona-Impfpflicht zu überlassen.
Der Deutsche Ethikrat solle dazu bis Jahresende eine Empfehlung erarbeiten, sagte Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Anschluss an die Gespräche. Greifen könne eine allgemeine Impfpflicht dann etwa ab Februar 2022. Ein dementsprechender Gesetzentwurf ist bereits auf dem Weg.
Noch-Nicht-Kanzler Olaf Scholz (SPD) hob auf das „ehrgeizige Vorhaben“ ab, bis Ende des Jahres noch 30 Millionen Menschen mit einer Auffrischungsimpfung zu versehen. Das sei eine logistische Herausforderung.
Seit dem Zweiten Weltkrieg habe es keine vergleichbare Situation im Gesundheitswesen gegeben, betonte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).
Einigung auf Mindeststandards
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), ergänzte, er sei überzeugt, mit den beschlossenen Maßnahmen lasse sich die Situation auf den Intensivstationen entlasten. „Das ist nach wie vor das Maß der Dinge.“
Zur Diskussion über fehlende Kontrollen zur Durchsetzung von Maßnahmen erklärte er: Jeder halte an einer roten Ampel, ohne dass ein Polizist daneben stehe. „Warum ist das nach eineinhalb Jahren Pandemie bei den Corona-Regeln nicht auch so.“
Bund und Länder haben sich am Donnerstag auf bundesweit einheitliche Mindeststandards bei den Maßnahmen zur Eindämmung der vierten Coronawelle geeinigt. Auch die Länder mit eher niedrigen Inzidenzen haben angekündigt, ihre Regeln auf dieses Mindestniveau zu verschärfen. Die stark betroffenen Länder werden die Mindeststandards um landesrechtliche Maßnahmen ergänzen.
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Ab 350er-Inzidenz wird es ernst
Die Länder haben zudem eine Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes eingefordert, um Regionen mit Inzidenzen jenseits der 350 mehr Handlungsspielräume zu verschaffen. Sie sollen dann zum Beispiel auch Restaurants schließen können.
Für Großveranstaltungen wie Fußballspiele sollen strenge Besuchergrenzen kommen. Die geltenden Regelungen sollen über den 15. Dezember hinaus verlängert werden und kleinräumig bis hinunter auf Landkreisebene angeordnet werden können.
Grundsätzlich sollen in Gebieten mit Inzidenz 350 und mehr Clubs und Diskotheken geschlossen werden. Ungeimpfte Menschen sollen strengen Kontaktbeschränkungen unterliegen. Im Einzelhandel sollen bundesweit und inzidenzunabhängig 2G-Regeln gelten.
Ausnahme: Geschäfte für Lebensmittel und täglichen Bedarf. Im Vorfeld des Gipfels gab es von den Ärzten Zustimmung zu Impfpflichten. Die Bundesärztekammer hatte am Mittwoch für die allgemeine Impfpflicht plädiert.
Bundestag feilt an der Impfpflicht
Am Entwurf des geplanten „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention“ wird weiter gefeilt. Die Bund-Länder-Runde unterstützt das Parlament in der Absicht, den Impfnachweis ohne Auffrischungsimpfung nach einer gewissen Frist ungültig zu stellen. Die Ampel-Parteien wollen das Gesetz möglichst in der kommenden Woche im Bundestag beschließen. Es kann dann bereits Regelungen zu einer allgemeinen Impfpflicht enthalten.
Zudem soll mit dem Gesetz Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern der Einstieg in die Corona-Impfkampagne ermöglicht werden. Sie sollen allerdings nur Menschen ab einem Alter von 18 Jahren impfen dürfen. Voraussetzungen sollen dementsprechende Schulungen und geeignete Räumlichkeiten sein.