Länderkammer

Bund soll mehr Geld für Pflege berappen

Zuschüsse bei Eigenanteilen, Tariflöhne für Altenpfleger: An diesem Freitag befasst sich der Bundesrat mit der Pflegereform der Bundesregierung. Ganz zufrieden sind die Länder nicht damit.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Wie viel sollen Menschen für die Pflege ihrer Angehörigen zahlen müssen? Der Gesetzgeber will den Betrag deckeln – wohl aber nicht vollständig.

Wie viel sollen Menschen für die Pflege ihrer Angehörigen zahlen müssen? Der Gesetzgeber will den Betrag deckeln – wohl aber nicht vollständig.

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Berlin. Die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Entlastung bei den Pflege-Eigenanteilen springt aus Sicht der Länder deutlich zu kurz. Die Zuschüsse zu den Eigenanteilen für vollstationär versorgte Pflegebedürftige fielen im ersten Jahr des Aufenthalts im Altenheim zu gering aus.

Die Zuschüsse sähen auch keine vollständige Deckung des Eigenanteils bei längerem Heimaufenthalt vor, heißt es in einer Entschließungsempfehlung des Gesundheitsausschusses des Bundesrats zum Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (GVWG). Die Pflegeversicherung müsse perspektivisch alle über einen bestimmten Sockelbetrag hinausgehenden und erforderlichen Pflegekosten tragen.

Der Bundestag hatte das Versorgungsgesetz kürzlich mit den Stimmen von Union und SPD verabschiedet. Enthalten sind darin auch diverse Neuregelungen in der Langzeitpflege – darunter die Pflicht zum Abschluss von Tarifverträgen. Der Bundesrat befasst sich an diesem Freitag damit. Da das Gesetz als Einspruchsgesetz formuliert ist, bedarf es nicht der Zustimmung des Bundesrats.

Bundeszuschuss gut, aber zu wenig

Dass sich der Bund ab 2022 mit einem Steuerzuschuss von einer Milliarde Euro an der Pflegefinanzierung beteiligen will, begrüßen die Länder. Allerdings sei der Bundeszuschuss in dieser Höhe nur ein Einstieg. Es brauche eine „weitergehende Steuerfinanzierung“. Die Ausgestaltung bedarfsgerechter Pflege sei eine der dringlichen sozialpolitischen Aufgaben.

In diesem Prozess wollen auch die Länder ein Wörtchen mitreden, wie dem Entschließungsantrag zu entnehmen ist. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, mit Beginn der neuen Legislaturperiode die Länder bei weiteren Reformschritten „intensiv“ einzubeziehen. Zu diesem Zweck sei ein gemeinsames Arbeitsgremium einzurichten.

Dabei gehörten auch die Belange der Menschen auf die Agenda, die in häuslicher Umgebung gepflegt würden, entweder von Angehörigen allein oder flankiert durch Pflegedienste, Entlastungsangebote, Kurzzeit- und Tagespflege. Auch jahrelange ambulante Pflege könne zu hohen Eigenanteilen führen und benötige daher ebenfalls eine „Entlastungsperspektive“ – ähnlich der geplanten Zuschüsse bei den stationären Eigenanteilen.

Viele Pflegebedürftige auf Sozialhilfe angewiesen

In Deutschland werden derzeit rund 70 Prozent der gut 4,1 Millionen Pflegebedürftigen von Angehörigen versorgt. Da neue Vorgaben wie tarifgebundene Bezahlung oder striktere Personalquoten unmittelbar auf die Pflegekosten und damit auch auf die Eigenanteile durchschlagen, geraten nicht wenige Pflegefamilien in Finanznot.

Berechnungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zufolge sind heute bereits 30 Prozent der rund 800.000 Pflegebedürftigen, die in Heimen leben, auf Sozialhilfe angewiesen. Für Städte und Kommunen tut sich damit ein wachsendes Problem auf.

In den Ländern wird die Entwicklung ebenfalls mit Sorge beobachtet. Kostensteigerungen in der Pflege aufgrund von Fachkräftesicherung oder der Entlohnung nach Tarif dürften nicht allein bei Pflegebedürftigen und Angehörigen abgeladen werden, betonen die Ländervertreter.

Kassen in Alarmstimmung

In Alarmstimmung zeigen sich auch Vertreter der Kranken- und Pflegekassen. Die Finanzlage in der Pflegeversicherung sei „dramatisch“, erklärte der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbands. Allein die geplante „kleine Pflegereform“ reiße eine kurzfristige Finanzierungslücke von etwa 3,5 Milliarden Euro auf. Nur wenn ein Bundeszuschuss in dieser Größenordnung fließe, ließen sich höhere Beiträge vermeiden.

Dasselbe gelte für die Krankenversicherung. Dass der Bund 2022 zusätzliche Bundesmittel in Höhe von sieben Milliarden Euro zusichere, sei „ein erster, guter Schritt“. Der Bundeszuschuss reiche aber nicht aus, um die Beiträge stabil zu halten. Schon 2022 drohe „nach gegenwärtiger Lage“ eine Finanzierungslücke von rund 18 Milliarden Euro. Regierung und Parlament müssten daher noch in dieser Wahlperiode gegensteuern.

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