Bundesamt für Soziale Sicherung
Kassenaufsicht macht Mängel in der Hilfsmittelversorgung aus
Über 28 Millionen Hilfsmittelanträge hatten die Krankenkassen zuletzt zu entscheiden. Antragstellende wollen schnell und gut versorgt sein. Hier aber hapert es, wie ein Bericht des Bundesamts für Soziale Sicherung zeigt.
Veröffentlicht:Berlin. Zu wenige Verträge, kaum Transparenz, nur selten Qualitätsstichproben: Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hat erneut Kritik an der Hilfsmittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geübt.
Vorgaben des Gesetzgebers zur Versorgung mit Hilfsmitteln wie Rollstühlen, Hörgeräten oder Prothesen würden von den Kassen nicht oder nicht hinreichend umgesetzt, monieren die Bundesbeamten in einem am Montag veröffentlichten gut 70-seitigen Sonderbericht.
Beispielsweise verfügten nicht alle Kassen über eine ausreichende Anzahl an Verträgen zu bestimmten Hilfsmitteln. Lediglich für die Produktgruppen „Bandagen“, „Inhalations- und Atemtherapiegeräte“ sowie „Inkontinenzhilfen“ und „Hilfsmittel zur Kompressionstherapie“ hätten derzeit alle Krankenkassen Verträge mit entsprechenden Leistungserbringern gemeldet.
Jahresbericht des BAS
Kassenaufsicht: Ausschreibung von Hilfsmittelverträgen ist ein Flop
Wenig Transparenz bei Vertragsinhalten
Darüber hinaus kämen die bundesunmittelbaren Kassen nur vereinzelt ihrer Pflicht nach, über entsprechende Vertragsinhalte mit Hilfsmittelanbietern zu informieren. Dies aber erschwere einen Vergleich der Leistungsangebote verschiedener Kassen, stellt das BAS fest.
Beim GKV-Spitzenverband ist die Kritik angekommen. „Den Bericht des Bundesversicherungsamtes werden wir sorgfältig auswerten, für eine konkrete Bewertung ist es jedoch noch zu früh“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, der Ärzte Zeitung.
Bundesamt bemängelt Qualitätskontrolle
Bemängelt wird im Bericht außerdem, dass viele Krankenkassen keine „strukturierten Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen“ einleiten, um die Qualität einzelner Hilfsmittel sicherzustellen. Beratungen der Leistungserbringer zu den Angeboten würden teils nur in digitaler Form vorgehalten.
Zum Hintergrund: Versicherte haben laut Fünften Sozialgesetzbuch Anspruch auf eine Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, wenn diese den Erfolg der Krankenbehandlung sichern, eine drohende Behinderung vorbeugen oder diese ausgleichen. Das Ausgabenvolumen für medizinische und pflegerische Hilfsmittel lag zuletzt bei rund 9,3 Milliarden Euro (2020).
Auch wenn diese Ausgaben lediglich 3,7 Prozent der gesamten Leistungsausgaben der Kassen ausmachten, habe die Hilfsmittelversorgung wegen der Vielzahl von gut 28 Millionen Fällen „wesentliche Bedeutung“, schreibt das BAS. Für viele Menschen sei die Versorgung mit Hilfsmitteln in den unterschiedlichsten Lebenssituationen „Grundvoraussetzung für die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“.
„Wettbewerbsmodell hat sich nicht bewährt“
Als Konsequenz aus seinem Bericht drängt das BAS darauf, den Rechtsrahmen der Hilfsmittelversorgung grundsätzlich zu überarbeiten. „Ein wesentlicher Baustein ist dabei unsere Einschätzung, dass sich das wettbewerbsbasierte Vertragsmodell in der Hilfsmittelversorgung nicht bewährt hat“, erklärte BAS-Präsident Frank Plate am Montag.
Als sinnvoll erachte seine Behörde daher eine Rückkehr zur Zulassung der Leistungserbringer „per Verwaltungsakt“ sowie landesweit einheitliche Versorgungsverträge, so Plate. Eine etwaige Reform sei umso dringlicher, als dass ein Zugang der Versicherten zu einer „flächendeckenden, wohnortnahen Versorgung mit Hilfsmitteln im Sachleistungssystem“ nicht erreicht worden sei, heißt es im BAS-Bericht. (hom)