Berlin

Bundesrat zeigt sich bei Gröhe handzahm

Bei den Gesetzesvorlagen des Gesundheitsministers zu Versorgungsstärkung und Prävention haben die Länder viele Detailvorschläge. Doch die Kritik blieb moderat. Gleiches zeichnet sich beim Antikorruptions-Gesetz ab.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Der Bundesrat hat über wichtige Gesetzentwürfe beraten.

Der Bundesrat hat über wichtige Gesetzentwürfe beraten.

© Maurizio Gambarini / dpa

BERLIN. Der Bundesrat legt der Koalition beim Versorgungsstärkungs-Gesetz keine großen Stolpersteine in den Weg. Ein politischer Schlagabtausch ist am Freitag im Bundesrat ausgeblieben.

Alle geplanten Reden wurden zu Protokoll gegeben. Ein Zeichen dafür, dass grundsätzliche Konflikte über das VSG nicht bestehen.

Angemeldet hat die Länderkammer allerdings mehr Mitsprache: Der Gesetzentwurf sei zustimmungspflichtig - diese Einstufung würde den Ländern de facto eine Vetomöglichkeit geben.

Die Bundesregierung hat das VSG dagegen als sogenanntes Einspruchsgesetz deklariert, was die Mitwirkungsrechte der Länderkammer beschränken würde.

Den Ausschuss-Empfehlungen zu den aus ärztlicher Sicht zentralen Streitpunkten ließ das Bundesratsplenum passieren: So fordern die Länder mehr Freiheiten bei der Umsetzung der Regelung zu Terminservicestellen.

Auch beim Aufkauf von Praxissitzen in laut Bedarfsplanung überversorgten Gebieten haben die Länder nur Detailwünsche.

Größere Bereitschaft, die umstrittene Aufkaufregel bei einer Versorgung von mehr als 110 Prozent zu überdenken, haben hingegen Gesundheitspolitiker im Bundestag signalisiert.

Wiederbelebung der Codierpflicht

Auch für einen Oldie gaben die Länder in der Abstimmung am Freitag grünes Licht: Sie forderten die Wiedereinführung der 2012 gekippten ambulanten Kodierrichtlinien.

Trocken heißt es in der Empfehlung: "Der gemeinsamen Selbstverwaltung kommt die Aufgabe zu, den bürokratischen Aufwand für die (...) Vertragsärzte (...) auf das Notwendige zu beschränken."

Moderat fiel die Kritik der Länderkammer auch beim Präventionsgesetz aus. Nach dem "zu Recht gescheiterten" Entwurf des früheren Gesundheitsministers Daniel Bahr (FDP) im Jahr 2013 gehe diese Vorlage nun "in die richtige Richtung", erklärte Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD).

Bei der Forderung der Länder, alle Sozialversicherungsträger bei Prävention und Gesundheitsförderung ins Boot zu holen, bleibe die Vorlage der Koalition "hinter den Erwartungen zurück".

Sie verlangte, insbesondere die Bundesagentur für Arbeit stärker in Präventionskonzepte einzubinden.

PKV einbinden - Ja oder Nein?

Auch bei der Aufwertung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu einer nationalen Präventionsagentur hat Prüfer-Storcks Zweifel.

Bei Prävention in Lebenswelten sollte diese Behörde außen vor bleiben und sich auf die Unterstützung der Krankenkassen bei nationalen Präventionskampagnen beschränken. Dann könne auch die zwangsweise Förderung durch die Kassen geringer ausfallen, befand sie.

Kein Gehör bei der Regierung fand die Senatorin mit dem Vorstoß, die PKV nicht nur freiwillig an der Finanzierung der Prävention zu beteiligen.

Dem widersprach BMG-Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU). Jede zwangsweise Verpflichtung der PKV-Unternehmen gehe mit "erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken einher", warnte sie.

Harsche Kritik am Gesetzentwurf äußerte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). Sie warb für eine stärkere Berücksichtigung der Prävention in Lebenswelten wie Kita oder Schule.

Dagegen werde die individuelle Prävention in der Vorlage überbetont. Diese Bewertung fand im Bundesratsplenum keine Mehrheit.

Einer Ausschussempfehlung, in der pauschal eine Stärkung der Verhältnisprävention gefordert wurde, blieb in der Abstimmung auf der Strecke.

Breite grundsätzliche Einigkeit ließ der Bundesrat darin erkennen, dass Korruption im Gesundheitswesen in einem eigenen Gesetz geregelt werden soll.

Bayern hatte dazu in der Länderkammer einen eigenen Gesetzesantrag vorgestellt, der stark auf einem Entwurf Hamburgs aus der vergangenen Legislaturperiode aufbaut.

Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) warb für den Ansatz, die Strafnorm auf die verkammerten Heilberufe (Ärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychotherapeuten) zu beschränken.

Dies werde der zentralen Lenkungs- und Verteilungsfunktion der akademischen Heilberufe im Gesundheitswesen gerecht, so Bausback.

Dem widersprach Ulrich Kelber, Staatssekretär im Bundesjustizministerium (BMJV). Die Eingrenzung auf die verkammerten Berufe sei "keine geeignete Trennlinie".

Das BMJV hat kürzlich einen eigenen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vorgelegt. Darin ist - anders als im bayerischen Gesetzentwurf - die neue Strafnorm nicht als Offizialdelikt verankert.

Entwurf aus Bayern geht in den Rechts- und Gesundheitsausschuss

Bei einem Offizialdelikt müssen die Strafverfolgungsbehörden von Amts wegen bei einem konkreten Fall ermitteln. Im Entwurf des BMJV ist das nur dann der Fall, wenn ein Strafantrag gestellt wird.

Der Entwurf aus Bayern sieht für Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren vor. Der Bundesrat überwies die Vorlage zur Beratung an den Rechts- und Gesundheitsausschuss.

Durchgewinkt hat der Bundesrat das umstrittene Gesetz der Bundesregierung zur Tarifeinheit. Die Ausschüsse der Länderkammer haben zu dem Gesetzentwurf keine Stellung genommen.

Künftig soll in einem Betrieb nur noch der Tarifvertrag gelten, den die Gewerkschaft abgeschlossen hat, die die meisten Mitglieder vertritt. Arztspezifische Tarifverträge, wie sie der MB im Jahr 2006 mit Streiks erkämpft hat, wären dann kaum noch möglich.

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