Epidemische Lage verlängert
Bundestag gibt grünes Licht für umstrittenes Corona-Gesetz, Opposition sauer
Der Bundestag verlängert die epidemische Lage erneut. Die Opposition schäumt ob der Fortdauer der „Verordnungsermächtigung“ für Minister Spahn.
Veröffentlicht:Berlin. Der Bundestag hat am Donnerstag dem Gesetz zur Fortgeltung der epidemischen Lage zugestimmt. Das von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eingebrachte Gesetz weist dem Minister besondere Befugnisse zu. So kann er zur Bekämpfung der Corona-Pandemie Verordnungen ohne Billigung von Bundestag und Bundesrat erlassen – etwa zu Schnell- und Selbsttests oder zum Impfen. Der Bundestag hatte die epidemische Lage erstmals Ende März 2020 festgestellt und dies im November bestätigt.
Laut neuem Gesetz soll der Bundestag alle drei Monate über die Fortdauer der epidemischen Lage und damit auch über das Aufrechterhalten von Schutzmaßnahmen entscheiden. Tut er das nicht, soll die epidemische Lage als aufgehoben gelten.
Spahn: Es ist noch nicht vorbei
Gesundheitsminister Spahn betonte: „Wir sind noch in einer besonderen Lage, die Pandemie ist noch nicht am Ende.“ Die hohe Zahl an COVID-19-Patienten auf Intensivstationen, die hohen Zahlen an Corona-Neuinfektionen, aber auch der Blick ins europäische Ausland zeigten das.
Mit dem Gesetz werde zudem eine „dauerhafte“ Regelung zur Pandemiebekämpfung geschaffen. „Das ist eine neue Qualität, ein großer Schritt.“ Spahn zeigte sich zuversichtlich, das jetzige Frühjahr werde „das letzte Frühjahr in dieser Pandemie“.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, lobte, dass Schutzschirme für Ärzte und Pflegeeinrichtungen aufrechterhalten würden. Das sei für die Akteure sehr wichtig, Zahnärzte oder Hebammen müssten aber auch berücksichtigt sein. Gravierend sei, dass es Union und SPD noch immer nicht geschafft hätten, die „verfassungsrechtlichen Verstöße“ im Gesetz aufzuheben. Die Regelungen eröffneten dem Gesundheitsminister weiter die Möglichkeit, am Bundestag vorbei Verordnungen zu erlassen. „Sie umgehen hier den Parlamentsvorbehalt.“
Scharfe Kritik übte die FDP-Politikerin auch an der Impfkampagne. Die Liberalen wollten daher an diesem Freitag einen Gesetzesantrag für ein nationales Impfportal einbringen.
Vorwurf der fehlenden Transparenz
Linken-Politikerin Susanne Ferschl sprach von einer „Scheinbeteiligung“ des Parlaments. Regieren per Verordnung bleibe möglich. „Das ist mit uns nicht zu machen.“
Deutschland befinde sich mit Blick auf die Pandemie weiterhin in einer „gefährlichen Situation“, stellte die Gesundheitssprecherin der Grünen-Fraktion, Maria Klein-Schmeink, fest. „Aber wir sagen Nein zu diesem Gesetz.“ Die Neuregelungen im Infektionsschutzgesetz blieben nebulös. Es sei nicht nachzuvollziehen, was die Regierung in welcher Lage aus welchen Gründen tue. „Sie haben es verschlafen“, so Klein-Schmeink.
Der Arzt und CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke (CDU) betonte, der Bundestag stärke mit der Verabschiedung des Gesetzes seine eigene Rolle. Man habe „Konsequenzen aus den Debatten gezogen“. So sei etwa die Inzidenz nicht mehr alleiniges Kriterium für die Schutzmaßnahmen.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, sprach von einem „gelungenen“ Gesetz. Es lege auch die Grundlage für mehr Impfungen. Haus-, Fach- und auch Betriebsärzte seien zügig einzubinden. Impfdosen „auf Halde“ seien inakzeptabel. Der Umgang mit der Pandemie bleibe wegen der Mutationen eine Gratwanderung, so Dittmar.
Der AfD-Gesundheitspolitiker Dr. Robby Schlund warf der Bundesregierung ein „chaotisches Krisenmanagement“ vor. Es brauche kein Gesetz zum Fortbestand der epidemischen Lage. „Was wir brauchen, ist ein Rastermanagement.“ Dabei sollten Risikogruppen und Erkrankte geschützt und „systemrelevante“ Bereiche dennoch „aufrechterhalten“ werden.