Lauterbach-Plädoyer
„Cannabis-Ampel“ bekommt Gegenwind
SPD-Politiker Lauterbach hält eine kontrollierte Abgabe von Cannabis aus medizinischen Gründen für wichtig und warnt vor der Gefahr von mit Heroin verschnittenem Haschisch. Union und Gewerkschaft der Polizei kritisieren eine mögliche Kursänderung der Politik.
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SPD, Grüne und FDP liebäugeln mit der Liberalisierung des Umgangs mit Cannabis. Davon ungeachtet wuchs in Berlin auf der Friedrichstraße Ecke Taubenstrasse in einem Blumenkübel im August eine meterhohe Hanfpflanze.
© Michael Koerner / Geisler-Fotopress / picture alliance
Berlin. In der Cannabispolitik steht die „Ampel“ bereits. SPD, Grüne und FDP fassen in ihren Wahlprogrammen eine Liberalisierung des Umgangs mit Cannabis ins Auge.
Ein Gesundheitspolitiker der SPD hat nun dafür geworben, eine solche Regelung in einem möglichen Koalitionsvertrag zu fixieren. Aus der Union heraus wird vor diesem Schritt gewarnt. Der Schwarzmarkt werde so nicht ausgetrocknet, meldete sich am Mittwoch die Gewerkschaft der Polizei zu Wort.
Am Mittwoch hat sich der SPD-Gesundheitspolitiker Professor Karl Lauterbach dafür ausgesprochen, eine Legalisierung von Cannabis in einen Koalitionsvertrag der drei Parteien aufzunehmen. Er berief sich dabei ausdrücklich auf seine ärztliche Verantwortung. In einem Interview mit der „Rheinischen Post“ plädierte Lauterbach für die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene.
Unionspolitiker Krauß warnt vor Freigabe
So könne dem Handel von mit Heroin versetztem Cannabis begegnet werden. Im Straßenverkauf werde Cannabis mit neuartigem Heroin versetzt. Das könne Konsumenten in die Abhängigkeit treiben. „Jahrelang habe ich eine Cannabis-Legalisierung abgelehnt. Mittlerweile komme ich als Arzt zu einem anderen Schluss“, sagte Lauterbach.
Gegen solche Überlegungen bringt sich die mögliche Opposition in Stellung. Der Unions-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß hat umgehend vor einer Freigabe von Cannabis für den privaten Konsum gewarnt. „Die Folgekosten einer solch verfehlten Drogenpolitik für das Gesundheitswesen und die Gesamtgesellschaft wären immens“, sagte Krauß. Tausende junge Menschen wären die Leidtragenden. Gehirnschäden durch Drogenkonsum ließen sich später nicht wegtherapieren.
Polizeigewerkschaft sieht „falsches Signal“
„Es muss endlich Schluss damit sein, den Joint schönzureden“, schaltete sich der Vorsitzende der GdP Oliver Malchow in die Debatte ein. Eine Freigabe sogenannter weicher Drogen sei das absolut falsche Signal. Bei Jugendlichen könne Cannabiskonsum zu erheblichen Gesundheitsproblemen und sozialen Konflikten führen, weil „heute häufiger deutlich höhere Wirkstoffgehalte“ vorlägen.
„Wir halten bei Cannabis an der Strafbarkeit fest“, sagte ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Mittwochmittag. Er verwies auf die Ausnahmetatbestände bei der Abgabe von Cannabis als Therapie, zum Beispiel bei austherapierten Krebspatienten.
Drogenbeauftragte sucht Kompromiss
In Deutschland muss der Besitz einer „geringen Menge“ von Cannabis nicht zwingend strafrechtlich verfolgt werden. Bei „Eigenverbrauch“ kann das öffentliche Interesse an Strafverfolgung ausgesetzt werden. Die geringe Menge wird in den Bundesländern unterschiedlich angesetzt. Sie reicht von fünf bis 15 Gramm Bruttogewicht, zum Beispiel in Berlin.
Die CSU-Politikerin und Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig hatte sich Ende August, also vor den Wahlen, dafür eingesetzt, den Besitz von Cannabis bis zu einer Grenze von sechs Gramm nur als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen. Mögliche Koalitionspartner sollten in dieser Frage kompromissbereit sein. Es sei klar, dass Cannabis nicht so gefährlich wie Kokain oder Heroin sei, zitierte „Zeit-online“ die Politikerin. Ludwig setzt sich zudem dafür ein, Konsumenten zu ermöglichen Drogen auf gefährliche Zusatzstoffe untersuchen zu lassen, also zum Beispiel Cannabisprodukte auf Heroinzusätze.
Die SPD hat sich in ihrem Wahlprogramm für das Erproben einer „regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene ausgesprochen. Weiter gehen Grüne und Liberale. Die Grünen wollen mit einem „Cannabiskontrollgesetz“ den Verkauf der Droge in Fachgeschäften ermöglichen. Die FDP kündigt in ihrem Programm an, „sich für die kontrollierte Freigabe von Cannabis einzusetzen“.