Pandemie-Folgen international
Corona lässt ältere chinesische Frauen wieder mehr tanzen
In China hat COVID-19 zu Veränderungen in Gesellschaft und Versorgung geführt. In den USA dient Corona als Jobmaschine – zumindest in der Altenpflege. Erkenntnisse aus einer Videoschalte zur Silver Economy in Peking.
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Videosprechstunde in einer Klinik in Tianjin: Während der Coronavirus-Pandemie stieg auch in China die Nachfrage nach telemedizinischen Angeboten.
© picture alliance / Xinhua News A
New York/Peking. Die COVID-19 Pandemie hat nicht nur in Deutschland zu einem rasant steigenden Angebot an telemedizinischen Lösungen wie der Videosprechstunde und zu einem massiven Akzeptanzschub für solche Offerten in Klinik und Praxis bei der Bevölkerung geführt.
Wie Ninie Yan Wang, Gründerin und CEO des chinesischen Altenpflegedienstleisters Pinetree Care Group, am Donnerstag in Peking im Rahmen des virtuellen Kick-offs für das zweite, für September in der chinesischen Hauptstadt geplante, hochrangige Forum zur Silver Economy hervorhob, beflügelten Lockdowns und anderweitige corona-bedingte Restriktionen die Konvergenz von Pflege- und telemedizinischen Leistungen im Reich der Mitte.
Altenpfleger impfen
Konkret seien zum Beispiel viele via E-Rezept georderte Arzneien und Vakzine der Altenheimbewohner von den Pinetree-Mitarbeitern abgeholt, zu den Patienten gebracht und gegebenenfalls auch gleich verimpft worden. Auch hätten die Bewohner der Pinetree-Pflegeheime verstärkt Videosprechstundenangebote von Kliniken nachgefragt, verdeutlichte Wang.
Bereits im Juli des vergangenen Jahres prognostizierte Wang bei der Premiere des hochrangigen Forums zur Silver Economy unter Schirmherrschaft der finnischen EU-Ratspräsidentschaft in Helsinki, der Demografiewandel und speziell das gesunde Altern sei noch eine spezielle Herausforderung für das Reich der Mitte.
So rechne China bis zum Jahr 2040 mit mehr als 100 Millionen Einwohnern, die 80 Jahre oder älter sein werden. Dies sorge voraussichtlich für einen enormen Pflegebedarf.
WHO-Dekade des gesunden Alterns gestartet
Mitausrichter des Formats des hochrangigen Forums zur Silver Economy ist die Global Coalition on Aging (GCOA). Diese Allianz von Pharma- und anderen Unternehmen hat es sich nach eigenen Aussagen zum Ziel gesetzt, die Chancen zu nutzen, die die Langlebigkeit bietet und die globale Diskussion um das Altern zu prägen.
Von Pharma- und Medizintechnikseite her gehören der GCOA Amgen, Bayer, Gilead, GSK, Lilly, Novartis, Nutricia, Pfizer, Philips, Roche sowie UCB an.
Das Thema Silver Economy und Healthy Aging sollte dieses Jahr prominent der Weltöffentlichkeit präsentiert werden, zumal die WHO dieses Jahrzehnt zur Dekade des gesunden Alterns ausgerufen hat.
Tanzen für die mentale Gesundheit
Nach den Corona-Lockerungen erfuhr nach der Beobachtung von Professorin Jia Yunzhu, Präsidentin des Beijing Institute of Population & Social Development, ein Trend der jüngeren Vergangenheit in der Volksrepublik wieder vermehrt Zustimmung – der Guang Chang-Wu (Tanz älterer Frauen auf öffentlichen Plätzen).
Hierbei versammeln sich meist Frauen über 60 Jahre zu tanzähnlichen Bewegungsübungen. Laut Jia diene das vor allem der mentalen Fitness und damit dem gesunden Altern.
85-jährige Altenpfleger im Einsatz
In den USA hat die Corona-Pandemie vor allem einen Nebeneffekt, der Präsident Donald Trump massiv verärgerte: Millionen Jobs fielen SARS-CoV-2 zum Opfer. Wie Jisella Dolan, Chief Global Advocacy Officer des in New York ansässigen und nach eigenen Angaben Weltmarktführers bei Seniorenbetreuungsangeboten, Home Instead, in der Videoschalte betonte, konnte und könne gerade die Altenpflege massiv vom COVID-19-Chaos in den Vereinigten Staaten profitieren.
So habe Home Instead bereits 1200 der neuen Arbeitslosen angestellt und geschult für die Herausforderung in der Seniorenbetreuung. Laut Dolan seien übrigens bereits rund ein Viertel der Pfleger und Betreuer ihres Unternehmens über 65 Jahre alt – die Älteste sei 85. „Gesundes Altern in der Altenpflege“, brachte es die Pflegemanagerin dann auch auf den Punkt.
Plädoyer für Konvergenz von Gesundheit und Sozialem
Für Professor John Beard vom ARC Centre of Excellence in Population Ageing Research der University of New South Wales in Sydney hat die Pandemie-Erfahrung in vielen Ländern vor allem eines gezeigt.
„COVID-19 offenbarte vielerorts, dass Defizite in der Gesundheitsversorgung auf Defizite in der Sozialfürsorge trafen und sich negativ beeinflussten“, so der ehemalige Direktor des WHO-Department of Ageing and Life Course.
„Wir müssen weltweit die Mauern zwischen beiden Systemen einreißen und für deren Konvergenz sorgen“, mahnte Beard Reformen in vielen Ländern an.