Kommentar

Der therapeutische Wert der ePA wird untergewichtet

Die Einführung der elektronische Patientenakte braucht Sorgfalt, keine politischen Preise.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

Sie soll die eierlegende Wollmilchsau des Gesundheitswesens werden: die elektronische Patientenakte. Sie soll von Bürokratie verschüttete Arztzeit freischaufeln und schnell den vollständigen Überblick über den Gesundheits- und Behandlungsstatus eines Patienten verschaffen. So sollen die Arbeitsbedingungen von Ärzten und Praxispersonal aufgewertet und die ohnehin schon gute Behandlungs-und Ergebnisqualität zum Beispiel durch Vermeidung von Doppeluntersuchungen und Medikationsunfällen weiter vorangetrieben werden.

Die großen Brocken auf dem Weg zur Einführung der elektronischen Patientenakte sind aus dem Weg geräumt. Jetzt rücken die Detailfragen in den Blickpunkt, zum Beispiel die nach dem Preis für eine Erstbefüllung der Akte durch die Arztpraxis. Üblicherweise verhandelt die Selbstverwaltung Vergütungsfragen unter sich. Das hat sich bewährt, ebenso wie die Schiedsmechanismen, wenn sich die Partner nicht einig werden.

Bei der elektronischen Patientenakte hat der Gesetzgeber in seinen Entwurf hineingeschrieben, was die Erstbefüllung der Akte durch Vertragsärzte oder Krankenhäuser kosten soll. Wie die Summe von glatt zehn Euro für den Arzt, der zuerst Daten einspeist, zustande gekommen ist, ist nicht bekannt. Lässt sich leicht rechnen, erklärt aber nichts. Zum Beispiel nicht, warum alle folgenden Ärzte diese Leistung umsonst erbringen sollen. Und auch nicht, wie mit den Schnittmengen umgegangen werden soll, die sich durch die Honorierungsregeln für das Anlegen der Medikationspläne und der Notfalldatensätze ergeben.

Die elektronische Patientenakte mit Patientendaten zu füllen ist vordergründig betrachtet keine medizinisch-therapeutische Maßnahme. Eine Bepreisung durch den Gesetzgeber ließe sich also schon irgendwie rechtfertigen. Schon beim zweiten Blick jedoch wird deutlich, dass es für die Qualität einer Behandlung durchaus eine Rolle spielen kann, was ein Arzt künftig wie aufbereitet in der Akte vorfindet. Deshalb ist es auch nicht trivial, wer die ersten Daten in die Akte einspielt und dann das Honorar abrechnet. Warum dazu auch die Krankenhäuser zählen sollen, erschließt sich nicht. Sie erhalten ja einen Anreiz, jeden einzelnen Befund in die Akte zu übertragen.

Das sind die Themen, über die die Selbstverwaltung also verhandeln sollte: Wie können die Akten sinnvoll so aufgebaut werden, dass sie einen Nutzen für die Behandlungs- und Praxisabläufe stiften? Und welche behandelnden Ärzte sollten in welcher Reihenfolge Daten in die Akte einpflegen und dafür honoriert werden? Aus den Antworten auf diese Fragen ließe sich dann auf dem Verhandlungsweg ein am echten Aufwand orientierter Preis aus einem Guss ermitteln.

Schreiben Sie dem Autor: anno.fricke@springer.com

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