Juristen sehen SPD-Pläne skeptisch

Diskussion um Privilegien für Geimpfte

Zwischen Geimpften und Nichtgeimpften soll es keine Ungleichbehandlung geben, fordern Koalitionspolitiker. Juristen sehen dafür aber keine verfassungsrechtliche Grundlage.

Veröffentlicht:
Findet eine Bevorzugung von Geimpften unsolidarisch und würde diese gerne ausschließen: Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dr. Johannes Fechner.

Findet eine Bevorzugung von Geimpften unsolidarisch und würde diese gerne ausschließen: Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dr. Johannes Fechner.

© Carsten Koall / dpa

Berlin. In der SPD-Bundestagsfraktion gibt es konkrete Überlegungen, wie gegen Ungleichbehandlungen von Geimpften und Nichtgeimpften durch die Privatwirtschaft vorgegangen werden könnte.

„Entsprechende gesetzliche Maßnahmen werden derzeit geprüft“, bestätigte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion Johannes Fechner am Mittwoch der „Ärzte Zeitung“. Für konkretere Pläne müssen aus seiner Sicht aber folgende Fragen geklärt werden:

  • Sind Geimpfte weiter ansteckend? Hier habe der Impfstoffhersteller BioNTech in Aussicht gestellt, diese Frage im März beantworten zu können, wenn entsprechende Studien ausgewertet seien.
  • Wie viele Menschen lassen sich impfen? Würden sich in kurzer Zeit 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung impfen lassen und so eine Herdenimmunität hergestellt werden können, würde sich die Frage der Ungleichbehandlung erübrigen.
  • Alle Impfwilligen müssten die Möglichkeit zur Impfung haben. Solange das nicht der Fall ist, sei die Frage der Ungleichbehandlung obsolet.

Fechner sieht sich beim Ausschluss der Ungleichbehandlung auf einer Linie mit dem Koalitionspartner, da sich auch der rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe Volker Ullrich sowie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in ähnlicher Weise öffentlich geäußert haben.

Wer keine Gefahr ist, den kann man auch nicht einschränken

Juristen hegen gegen derartige Pläne allerdings verfassungsrechtliche Bedenken. So hält der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, eine Einschränkung von Bürgerrechten für Geimpfte für unzulässig, wenn diese nicht mehr ansteckend sein sollten.

„Sobald gesichert ist, dass von Geimpften keine Ansteckungsgefahr mehr ausgeht, gibt es verfassungsrechtlich keine Legitimation mehr, die Betroffenen in ihren Grundrechten weiter zu beschränken“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Er habe „verfassungsrechtliche Bedenken, wenn der Staat Privaten vorschreibt, welche Privilegien sie gewähren dürfen – solange diese nicht zur Verschärfung des Infektionsgeschehens führen“.

Ähnlich argumentierte der Staatsrechtsexperte und frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz sowie der Arzt und Fachanwalt für Medizinrecht Professor Alexander Ehlers. „Wenn eine geimpfte Person keine Gefahr mehr für die Gesundheit anderer darstellt, dann ist ein Eingriff in seine Freiheitsrechte nicht mehr verhältnismäßig“, sagte Ehlers der „Ärzte Zeitung“. (chb/dpa)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

PrEP-Surveillance

So steht es um die PrEP-Versorgung in HIV-Schwerpunktpraxen

Vielversprechende Ergebnisse

Neue Strategie zur Tuberkulose-Früherkennung

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Fallbericht

Schäden an der Netzhaut nach dem Haarefärben

Leitartikel

Bundesweiter ePA-Roll-out: Reif für die E-Patientenakte für alle

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

Lesetipps
Husten und symbolische Amplitude, die die Lautstärke darstellt.

© Michaela Illian

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?