"Bundeslagebild Rauschgift"

Drogenbeauftragte möchte keine "Legalisierungsdiskussion"

Die Zahl der Rauschgiftdelikte steigt und steigt, wie die neueste Statistik des Bundeskriminalamts zeigt. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung warnt vor einer "Normalität" beim Konsum gewisser Drogen.

Christoph BarkewitzVon Christoph Barkewitz Veröffentlicht:
Im Fokus: Die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler und BKA-Präsident Holger Münch bei der Vorstellung des „Bundeslagebilds Rauschgift 2017“ in Wiesbaden.

Im Fokus: Die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler und BKA-Präsident Holger Münch bei der Vorstellung des „Bundeslagebilds Rauschgift 2017“ in Wiesbaden.

© Christoph Barkewitz

WIESBADEN. Die Nachfrage nach illegalen Drogen ist in Deutschland ungebrochen hoch. Mit 330.580 Rauschgiftdelikten verzeichnet das Bundeskriminalamt (BKA) für das 2017 bereits den siebten Anstieg in Folge. Ein Plus von 9,2 Prozent, wie BKA-Präsident Holger Münch am Mittwoch bei der Vorstellung des "Bundeslagebilds Rauschgift 2017" vorrechnete.

Die steigenden Zahlen gelten demnach für nahezu alle Drogenarten, besonders deutlich war der Anstieg bei Kokain und Cannabis. Für Kokain erfasste die Polizei 15.768 Delikte, ein Plus von 17,9 Prozent.

Zwei Drittel aller Straftaten in diesem Bereich entfallen laut Münch auf Cannabis: 198.792 Fälle wurden hier registriert, eine Zunahme um 11,8 Prozent gegenüber dem Jahr 2016. Aber auch Ecstasy, Amphetamine, Crystal und Heroin wiesen einen Anstieg aus.

Auf dem Weg zur Normalität?

"Cannabis und Kokain gehören in einigen gesellschaftlichen Kreisen zur Normalität", stellte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), fest. Allerdings wolle sie dies nicht hinnehmen: "Ich will keine Gesellschaft, in der der Konsum gefährlicher Drogen zur Selbstverständlichkeit gehört.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Folglich bräuchte es statt einer "Legalisierungsdiskussion" einen entschlossenen Konsens, dass die Verbreitung dieser Drogen ein Problem sei. Zudem müsste entschieden gegen den Handel vorgegangen werden, "obwohl wir wissen, dass wir den Handel nie wirklich stilllegen können und mit Internet und Darknet immer neue Vertriebswege dazukommen".

Das World Wide Web sieht auch BKA-Präsident Münch als zunehmendes Einsatzgebiet. Im Jahr 2017 seien 2541 Drogendelikte mit Internet-Zusammenhang erfasst worden – ein deutlicher Anstieg um rund 24 Prozent.

Tatsächlich dürfte das Ausmaß aber weit über diese in der Statistik festgehaltenen Fälle hinausgehen: Es sei von einem "großen Dunkelfeld" auszugehen, glaubt Münch. Internet – sowohl das öffentlich zugängliche wie auch das stark verschlüsselte und anonymisierte Darknet – hätten sich als fester Vertriebsweg für den Handel mit Drogen in Deutschland etabliert.

Dieser Kanal spiele auch bei der Verbreitung der "Neuen Psychoaktiven Stoffe" (NPS) eine bedeutende Rolle, berichtete der BKA-Präsident. Während klassische Drogen eher über Plattformen im Darknet gehandelt würden, seien die NPS hauptsächlich in Online-Shops im frei zugänglichen Internet erhältlich.

Münch: Meilenstein NPS-Gesetz

Das NPS-Gesetz aus dem Jahr 2016 sei hier ein wichtiger Schritt gewesen, sagt Münch. Für die Behörden stellt sich in der Praxis aber das Problem, dass die Hersteller immer wieder Änderungen an der chemischen Struktur der Substanz vornehmen wie Ermittler berichten.

Damit entspricht es nicht mehr exakt dem im Gesetz verbotenen Produkt und ist somit zunächst legal. Die Wirkung dieser NPS sei für die Nutzer unberechenbar, warnt Münch. Denn die wüssten nicht, welche Substanzen erhalten seien und in welcher Konzentration.

Überwiegend seien die sichergestellten Rauschgiftmengen auf dem Landweg nach Deutschland gebracht worden. Grundsätzlich sei die Verfügbarkeit ungebrochen hoch, berichtete Münch. Dies belegten auch die erheblich vergrößerten Anbauflächen für Kokain in Kolumbien, für Heroin in Afghanistan und für Marihuana in Albanien.

Ebenso wiesen illegale Labore zur Herstellung synthetischer Drogen vor allem in den Niederlanden wachsende Produktionskapazitäten auf.

263.255 Tatverdächtige sind laut BKA-Zahlen im Zusammenhang mit Rauschgiftdelikten registriert worden, 7,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote von 92,6 Prozent habe auf dem Niveau der Vorjahre gelegen. Insgesamt machen die Drogendelikte etwa sechs Prozent der Gesamtkriminalität in Deutschland aus.

Die Drogenbeauftragte Mortler hatte jüngst bereits die Zahl von 1272 Drogentoten für 2017 genannt, ein leichter Rückgang um fünf Prozent.

Lesen Sie dazu auch: Kriminalstatistik: Rauschgiftdelikte nehmen weiter zu

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

70 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025

Kommentare
Niko Lang 26.05.201809:19 Uhr

Keine Drogen?

Dann soll sie erstmal Alkohol verbieten. Das ist nachweislich die Droge, die uns am meisten Probleme bereitet.

Und dieses "Ich möchte keine Diskussion" ist höchst undemokratisch.

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Deutsche Studie

Metaanalyse: Placebo kann psychische Erkrankungen lindern

„ÄrzteTag“-Podcast

Was bleibt von der Gesundheitspolitik der Ampel, Professor Greiner?

Lesetipps
Dr. Carsten Gieseking

© Daniel Reinhardt

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

70 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025