Bayern
Drohende Ausgangssperre – Schwanken zwischen Skepsis und Verständnis
In Bayern gelten bereits in drei Gemeinden Ausgangssperren. Ministerpräsident Markus Söder droht jetzt mit bayernweitem Hausarrest.
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Wird München bald auch zur Geisterstadt? Bayerns Ministerpräsident Söder hat mit Ausgangssperren für ganz Bayern gedroht.
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München. Die bayernweite Ausgangssperre, mit der der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Donnerstagmorgen in seiner Regierungserklärung im Landtag im Freistaat drohte, wird von Akteuren im Gesundheitswesen mit gemischten Gefühlen aufgenommen.
Schon jetzt gibt es drei Gemeinden im Freistaat, in denen die Ausgangssperre gilt. Denn, wie der bayerische Ministerpräsident am Donnerstagmorgen in seiner Regierungserklärung ebenfalls angekündigt hatte, stehen nach Mitterteich im Landkreis Tirschenreuth seit heute auch zwei oberfränkische Kommunen im Landkreis Wunsiedel unter kollektivem Hausarrest.
Stimmen aus einem Corona-Hotspot
Was es für Gesundheits- und Pflegedienstler heißt, unter dem Diktat einer Ausgangssperre unterwegs zu sein, weiß Angelika Würner aus der Praxis. Die 52-Jährige ist die Geschäftsführerin der AWO beim Kreisverband Mitterteich im Landkreis Tirschenreuth.
Die knapp 7000 Einwohner große Stadt hatte sich in den vergangenen Tagen zum Corona-Hotspot entwickelt, woraufhin das Landratsamt in Abstimmung mit dem Innenministerium und dem Gesundheitsministerium die erste Ausgangssperre in Bayern beschlossen hatte. Sie gilt seit gestern und soll am 4. April enden.
Geld- und Haftstrafen drohen
„Ohne einen triftigen Grund darf niemand seine Wohnung verlassen“, beschreibt Angelika Würner die neue Lage vor Ort. Bei Missachtung drohen Geldstrafen und bis zu zwei Jahre Haft.
Was sie über ihren neuen Berufsalltag sagt, klingt eher unspektakulär: „Wir können hier ganz normal unserer Arbeit nachgehen“, sagt sie unverdrossen. Denn es gelten Ausnahmen: Gestattet sind Fahrten zur Arbeit, Einkäufe, Arztbesuche oder sonstige gute Gründe – auch die Fahrten der AWO gehören dazu.
Polizeikontrolle am Ortsschild
Auffällig sei nur die stärkere Polizeipräsenz, die speziell am Orts-Ein- und Ausgang Kontrollen durchführe und Zweck und Ziel der Fahrten abfrage. „Aber erstens fahren unsere Autos mit dem AWO-Logo und außerdem hat jeder unserer Mitarbeiter auch ein Schreiben dabei, dass er dienstlich unterwegs ist“, berichtet sie.
Sie selbst sei auch schon mehrfach kontrolliert worden. Aber da auch sie den Passierschein dabei gehabt habe, habe es keine Probleme gegeben.
Besuchsrouten der Lage angepasst
„Die Beamten sind sehr freundlich und überhaupt nicht autoritär im Auftreten“, so ihr Eindruck. Schon vor einigen Tagen habe sie mit ihren Teams begonnen, die Organisation der Fahrten der Lage anzupassen. „Wir haben sie jetzt so gelegt, dass Mitarbeiter wohnortnah im Einsatz sind, um so lange Autostrecken zu vermeiden“, berichtet sie.
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Generell hält sie die Ausgangssperre in Mitterteich für den richtigen Schritt zum Schutz der besonders gefährdeten Personen. Die knapp 7000 Einwohner große Stadt hatte sich in den letzten Tagen zum Corona-Hotspot entwickelt, womit auch das Risiko für ältere oder pflegebedürftige Menschen in der Gemeinde anstieg. „Ich kann diese Maßnahme verstehen, weil es immer noch Menschen gibt, die das auf die leichte Schulter nehmen“, meint sie.
Skepsis gegenüber „mächtigem Instrument“
Beim Bayerischen Roten Kreuz würde man dem wohl nicht widersprechen. Allerdings betrachtet BRK-Pressesprecher Sohrab Taheri-Sohi den angedrohten Stubenarrest in Bayern mit einer gewissen Skepsis.
„Eine bayernweite Ausgangssperre ist ein mächtiges Instrument“, gibt er zu bedenken. Allerdings sieht auch er den Ernst der Lage: „Die derzeitige Situation fordert uns immens“. Was eine bayernweite Ausgangssperre faktisch für die medizinische Versorgung bedeuten würde, ist allerdings schwer herauszufinden.
Seitens der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern kann man dazu auch nichts sagen. „Dazu haben wir aktuell keine Informationen“, hieß es von einem Sprechers auf Anfrage der „Ärzte Zeitung“.