Kommentar – CDU

Eine Partei sucht ihr Programm

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

Politik als offener Prozess – für viele in der CDU ein ungewohntes Erlebnis. Nach dem angekündigten Rückzug Angela Merkels tut sich ein politisches Vakuum auf. Bis die Christdemokraten am 8. Dezember eine neue Führung wählen, bleibt Debattenzeit, wohin die Partei programmatisch steuert.

Das wird auch Rückwirkungen auf die Sozial- und Gesundheitspolitik haben. Ungeduldig wartet der mächtige Wirtschaftsflügel hier auf eine Trendwende. Dort freute man sich über die gesunkenen Beiträge in der Arbeitslosenversicherung – und knirschte mit den Zähnen, als Gesundheitsminister Jens Spahn einen happigen Aufschlag von 0,5 Beitragspunkten in der Pflege ankündigte.

Für den wirtschaftsliberalen Flügel klingt die von Friedrich Merz angekündigte Kandidatur für den CDU-Vorsitz wie ein Heilsversprechen. Rückblende: 2. Dezember 2003. Die CDU hat gerade beim Parteitag von Leipzig ihr Konzept einer Gesundheitsprämie beschlossen.

Das sei „der Anfang vom Ende der Sozialdemokratisierung der CDU“, jubelte Merz damals. Er sollte sich täuschen – CDU und CSU zerstritten sich über die Kopfpauschale. Horst Seehofer trat damals nach monatelangem Streit als Fraktionsvize zurück.

Merz als Urheber des Begriffs "Leitkultur"

Vor wenigen Tagen nun beschloss der Bundestag die Rückkehr zur Beitragsparität in der GKV. Federführender Minister, der dies ins Werk setzen musste: Jens Spahn.

Auf seine Positionierung im Kampf um den CDU-Vorsitz darf man gespannt sein. Er bekommt mit Merz unerwartet Konkurrenz auf dem nationalkonservativen Flügel. Schließlich gilt Merz als Urheber des Begriffs „Leitkultur“.

Dass der Wirtschaftsrat als Erbengemeinschaft Ludwig Erhards auf Merz setzt, verwundert nicht. Fraglich ist allein, ob er auch den Merkel-Flügel der Partei gewinnen kann.

Denn auf diesem Ticket kandidiert Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie steht für den Merkel-Kurs, der die Partei entideologisiert und in die Mitte der Gesellschaft geführt hat. Drei Legislaturen lang hat das funktioniert.

Spahn funkt auf allen Wellen

Und Jens Spahn? Der umtriebige Netzwerker funkt auf allen Wellen: Mal warnt er vor zu hohen Belastungen der jungen Generation durch die Sozialkassen und setzte den Pflegevorsorgefonds durch. Andererseits trat er erst jüngst eine Debatte über die Renditen von Pflegeheimbetreibern los, die ordoliberale Christdemokraten ratlos zurückließ.

Am Ende des Tages stehen die Bewerber mit ihren programmatischen Schwerpunkten auch für künftige Machtoptionen. Kramp-Karrenbauer repräsentiert die Multioptions-CDU – anschlussfähig nach allen Seiten. Merz steht für eine wirtschaftsliberale CDU, die der FDP das Wasser abgraben könnte. Spahn wird einen dritten Weg wählen müssen.

Die scheidende Vorsitzende Merkel formulierte es als Physikerin einst so: (Partei-) Flügel geben Auftrieb. „Das gelingt aber nur, wenn sie nicht gegeneinanderstehen“. Genau das tun sie im Vorfeld des Parteitags. Die CDU geht ins Offene.

Lesen Sie dazu auch: CDU-Parteivorsitz: Spahn zu Merz: „Wir sind keine Zwillinge“

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