Organspende
Eine Reform als zahnloser Tiger?
Finale in Berlin: Die Fraktionen suchen einen Konsens bei der Reform des Transplantationsgesetzes. Heute soll er kommen. Doch es gibt Kritik am Wortlaut.
Veröffentlicht:BERLIN. Die geplante Neuregelung des Transplantationsgesetzes (TPG) wird konkreter - und könnte für neuen Streit im Bundestag sorgen. Die Fraktionen wollen sich am heutigen Freitag über einen gemeinsamen Änderungsantrag verständigen.
Damit sollen Manipulationen an der Warteliste unter Strafe und die Transplantationsrichtlinien der Bundesärztekammer (BÄK) unter einen Genehmigungsvorbehalt durch das Bundesgesundheitsministerium gestellt werden.
Der Antrag soll an ein laufendes Gesetzgebungsvorhaben angehangen werden. Naheliegend wäre das Gesetz zum Erlass der Beitragsschulden freiwillig Krankenversicherter. Bis zur Sommerpause hat das Parlament nur noch zwei Sitzungswochen.
Dem Vorschlag zufolge drohen Transplantationsmedizinern bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe, wenn sie "den Gesundheitszustand eines Patienten unrichtig erheben oder dokumentieren", oder wenn sie bei der Neuanmeldung für die Warteliste einen "unrichtigen Gesundheitszustand übermitteln".
Allerdings muss den Ärzten dafür nachgewiesen werden, dass sie damit "den Patienten unberechtigt bevorzugen" wollten. Das dürfte in der Praxis jedoch schwierig werden.
Kritiker befürchten, dass das Manipulationsverbot deswegen ins Leere laufen könnte. Nach Informationen der "Ärzte Zeitung" dürften am Freitag vor allem die Grünen Bedenken äußern und auf eine Streichung des letzten Passus pochen.
Auch der geplante Genehmigungsvorbehalt für die BÄK-Richtlinien ist offenbar noch nicht in trockenen Tüchern. Die BÄK und ihre Ständige Kommission Organtransplantation legen unter anderem die Richtlinien für die Hirntoddiagnostik und die Wartelistenführung fest. Künftig sollen sie vom BMG genehmigt werden müssen, bevor sie in Kraft treten.
Anhörung Ende Juni
Die BÄK soll außerdem den "Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft nachvollziehbar" darlegen müssen. Das BMG soll schließlich "ergänzende Stellungnahmen anfordern" können.
Bloß heißt es in dem Entwurf auch: "Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Richtlinien oder deren Änderungen den Vorschriften dieses Gesetzes und sonstigem Recht entsprechen."
Auch gegen diese Passage dürften Grüne und Linke protestieren. Denn Kritiker werten die Formulierung quasi als Genehmigungspflicht, die am Status quo kaum etwas ändere.
Grüne und Linke hatten jüngst in eigenen Anträgen eine stärkere Rolle des Staats bei der Organspende gefordert. Für die Grünen ist der Genehmigungsvorbehalt eine "Conditio sine qua non", um den fraktionsübergreifenden Antrag mitzutragen.
Festgezurrt scheint hingegen ein gemeinsamer Entschließungsantrag. Damit wollen die Fraktionen etwa gemeinsam ein bundesweites Transplantationsregister fordern. Darüber hatten die Berichterstatter aus den Fraktionen bereits seit etlichen Monaten verhandelt.
Außerdem soll es am 24. Juni im Gesundheitsausschuss eine öffentliche Anhörung mit Sachverständigen zu diesem Antrag und den beiden Anträgen der Linksfraktion und von den Grünen geben.
Die beiden kleinen Oppositionsparteien dürften hier erneut für ihre Vorstellungen werben, dem Staat mehr Verantwortung bei der Transplantationsmedizin zu geben. (nös)