Coronavirus-Ausbreitung

Experten raten Ärzten zum Hausbesuch

Der Coronavirus-Ausbruch in Italien bereitet auch in Deutschland Sorgen. Gesundheitsminister Spahn schließt eine Pandemie nicht aus. RKI-Chef Wieler empfiehlt, bei starken Symptomen den Arzt anzurufen und nicht die Praxis aufzusuchen.

Von Anno Fricke Veröffentlicht:
Lothar Wieler (l), Präsident des Robert Koch-Instituts, und Jens Spahn (CDU, M), Bundesgesundheitsminister, berichten am Montag bei einer Pressekonferenz über die Situation in Zusammenhang mit dem Coronavirus in Italien und zu möglichen Reaktionen in Deutschland.

Lothar Wieler (l), Präsident des Robert Koch-Instituts, und Jens Spahn (CDU, M), Bundesgesundheitsminister, berichten am Montag bei einer Pressekonferenz über die Situation in Zusammenhang mit dem Coronavirus in Italien und zu möglichen Reaktionen in Deutschland.

© Christophe Gateau/dpa

Berlin. Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 in Italien bereitet auch in Deutschland Sorgen. Hierzulande sind bislang zwar weder Großveranstaltungen verboten, noch wird der Zugverkehr eingestellt, aber die Betonung liegt auf dem Wörtchen „noch“.

„Wir müssen damit rechnen, dass auch Deutschland betroffen sein wird“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montagnachmittag in Berlin. Selbst eine Pandemie lasse sich nicht ausschließen, sagte Spahn. Das könne man an den Ausbrüchen im Iran und in Südkorea ablesen. Wie derzeit in Italien, ließen sich auch dort die Infektionsketten nicht nachvollziehen.

Welche Maßnahmen sind verhältnismäßig?

Spahn unterstrich, dass es sich bei dem Sonntagnacht am Brenner gestoppten Zug mit Ziel nach München um eine reine Vorsichtsmaßnahme gehandelt habe. Es habe sich herausgestellt, dass niemand infiziert gewesen sei. Das Vorgehen sei im direkten Kontakt der Gesundheitsminister abgesprochen worden. Grundsätzlich stelle sich bei jeder Maßnahme die Frage nach der Verhältnismäßigkeit.

AG Influenza hat nun auch Sars-CoV-2 im Blick

Die Arbeitsgemeinschaft Influenza des RKI (AGI) hat nach eigenen Angaben die virologische Surveillance um das Sars-CoV-2 erweitert. Das heißt, dass das neuartige Coronavirus in das Spektrum des Sentinelsystems der zu untersuchenden Erreger aufgenommen wurde.

Spahn kündigte an, am Dienstag nach Rom zu einem Treffen der europäischen Gesundheitsminister zu reisen. Dort würden die Anrainerstaaten Schweiz, Slowenien, Frankreich, aber auch Frankreich und Deutschland ihre Strategien aufeinander abstimmen.

Zudem gebe es ständig Kontakt zu den Behörden der G7-Staaten, also den wirtschaftlich stärksten Ländern der Welt.

Im Inland gebe es bereits seit Wochen einen regelmäßigen Austausch zwischen ihm und den Gesundheitsministern der Bundesländer. Gleiches gelte für die Zusammenarbeit von wissenschaftlichen Instituten. „In Zeiten wie diesen muss der Staat funktionieren“, sagte Spahn.

Einen Impfstoff gegen das Virus werde es frühestens Ende des Jahres geben, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Professor Lothar Wieler. Es gebe bereits eine weltweit koordinierte Zusammenarbeit bei der Entwicklung eines Impfstoffs. Das geschehe, um Doppelarbeiten zu vermeiden.

Genauso wichtig wie ein Impfstoff seien Therapeutika zur Behandlung der akut Erkrankten, betonte Wieler. Ein internationales Team aus zwölf Experten unter deutscher Beteiligung sei dafür nach Wuhan in China gereist, den Ort des ersten Ausbruchs, um sich mit den Experten vor Ort auszutauschen.

Die EU-Kommission kündigte an, die Hilfszahlungen auf 232 Millionen Euro aufzustocken. Allein 90 Millionen Euro sollen dafür aufgewendet werden, um schnell einen Impfstoff zu finden.

Italien: Zahl der Infizierte und Todesfälle steigen

In Italien sind binnen kurzer Zeit mehr als 200 Menschen positiv auf das Virus getestet worden. Am Montagnachmittag wurde ein sechster Todesfall gemeldet.

In Deutschland gibt es nach offiziellen Angaben bislang 16 Erkrankte, die meisten davon in Bayern. Mit einer Dunkelziffer muss gerechnet werden.

Das Imperial College in London rechnete am Wochenende vor, dass nur ein Drittel der aus China importierten Infektionen überhaupt wahrgenommen werde. Dort sind bislang knapp 80.000 Fälle registriert worden. Etwa 2400 Menschen sollen bislang gestorben sein.

„Eine Epidemie kommt nicht wie ein Orkan über das Land“

Wieler und der Gesundheitsminister rieten vor der versammelten Presse und zahlreichen Fernsehsendern davon ab, bei starken Symptomen eine Arztpraxis aufzusuchen. Während der Grippewelle im Winter 2017/18 habe das bereits funktioniert.

Das Gesundheitssystem habe damals zehn Millionen zusätzliche Hausbesuche und 65.000 zusätzliche Krankenhausaufenthalte gestemmt.

„Eine Epidemie kommt nicht wie ein Orkan auf einmal über das ganze Land“, sagte Wieler. Im Fall der Fälle würden Regionen nacheinander von der Krankheit betroffen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kommentar zum Umgang mit SARS-CoV-2

Hü und hott

„ÄrzteTag“-Podcast

COVID-19-Verdacht? Besuchsdienst oder Testzentrum anrufen!

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Symposium der Paul-Martini-Stiftung

COVID-19 akut: Früher Therapiestart effektiv

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Blutdruck im Stehen

Sieben Fehlannahmen über orthostatische Hypotonie

Silvester-Feuerwerk

So hoch war die Feinstaub-Belastung an Neujahr

Subphänotypen analysiert

Prädiabetes: Bei drei von sechs Clustern steht die Uhr auf Zehn vor Zwölf

Lesetipps
Kalenderblatt mit 1. Januar 2025

© [M] Coloures-Pic / stock.adobe.com

Neuerungen im Überblick

Das alles ändert sich für Arztpraxen in 2025