Sprachförderung

Fachverbände gegen die Gießkanne

Ärzte und Pädagogen wollen einen Kurswechsel bei der Sprachförderung von Kindern - und zwar bundesweit. Sie fordern einheitliche Screenings bereits im Kindergarten.

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MAGDEBURG. Experten aus der Pädiatrie und der Sprachtherapie haben sich gegen das Gießkannen-Prinzip bei Sprachfördermaßnahmen für Kinder ausgesprochen.

In einem Konsensuspapier fordern fünf Berufsorganisationen* eine "differenzierte Diagnostik und spezifische Therapie". Die Forderungen wurden am Donnerstag auf der 64. Jahrestagung des Berufsverbands der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst (BVÖGD) in Magdeburg vorgestellt. Beschlossen wurde der Konsens bereits Ende März.

Hintergrund für den gemeinsamen Vorstoß sind Befürchtungen von Experten, Sprachtherapien würden zu unspezifisch verordnet - selbst an Kinder, die eigentlich an einer Sprachentwicklungsstörung leiden und deswegen eher eine medizinische Therapie benötigen.

So fordern die Organisationen für alle Kinder im vorschulischen Bereich ein "Recht auf eine differenzierte Diagnostik bei Verdacht auf eine Sprachentwicklungsstörung".

Die einzelnen Berufsgruppen, darunter etwa Erzieher, Sprachheilpädagogen und Kinderärzte, müssten dafür interdisziplinär zusammenarbeiten. Außerdem müsse das Personal in den Kitas und anderen Betreuungseinrichtungen ausreichend darin geschult werden, die Sprachentwicklung der Kinder fördern zu können.

Sprachstörung von Sprachentwicklungsstörung unterscheiden

Hauptaugenmerk legen die Verbände jedoch auf die Abgrenzung von der Sprachförderung zur medizinischen Therapie bei Sprachentwicklungsstörungen (SES). "Sprachanregende Umgebungsbedingungen" seien nicht "hinreichend" für Kinder, die an einer SES (siehe ICD-10-Ziffern F80) leiden.

So könnten Kinder mit Sprachproblemen etwa auch ein gestörtes Hörvermögen haben, das nur mit einer medizinischen Intervention adäquat versorgt werden kann.

Für die differenzierte Diagnostik und Therapie fordern die fünf Verbände ein bundesweites "Gesamtkonzept" mit einheitlichen und altersspezifischen Screenings bereits im Kindergarten. Die Expertise sehen die Experten vor allem bei den Kinder- und Jugendärztlichen Diensten der Gesundheitsämter.

Erzieher sollten für die Erkennung von Sprachproblemen und die kontinuierliche Sprachförderung einheitlich geschult und zertifiziert werden. Die Ergebnisse aus den Betreuungseinrichtungen sollten bundesweit erfasst und wissenschaftlich evaluiert werden. (nös)

* Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (bvkj), Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst (BVÖGD), Deutscher Bundesverband für Logopädie (dbl), Deutscher Bundesverband der akademischen Sprachtherapeuten (dbs), Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik (dgs)

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Kommentare
Siegfried Hauswirth 26.05.201408:26 Uhr

Danke für den Kommentar!

Ich stimme Frau Rosebrock voll zu ! In einer Zeit, wo Karriere (dieses Wort ist ein Synonym für viel Geld verdienen) über alles gestellt gehört schon ein wenig Mut dazu, eine solche Meinung zu äußern.

Almut Rosebrock 24.05.201411:56 Uhr

Wo bleibt die (liebende) Familie?

Funktionalisiert soll alles laufen perfektioniert.
Kinder für die Rentenkasse.
Mütter für die Steuerkasse.

Solange die liebevolle Sorge von Müttern / Eltern für ihre Kinder so wenig gesellschaftliche Wertschätzung erhält wie heute, wundert micht nichts mehr.
Man kann noch so viele Untersuchungen machen -
wenn unsere Kinder und Jugendliche nicht, in allen Altersstufen, die Nestwärme und Liebe ihrer eigenen Eltern erfahren, wie sollen sie sich gesund und psychisch resilient gegen die "Herausforderungen" der Zeit entwickeln?

Schenkt den Kindern Eure Zeit und Liebe, Eltern!
Das ist das Allererste!

Und, Politiker, Funktionäre, Ärzte:

Bitte fordert von der Politik (die so wirtschaftslastig geprägt ist!), dass Eltern besser darauf vorbereitet und dabei unterstützt werden, aufmerksam, begleitend, selbstsicher und in Liebe ihre Kinder in das Leben zu begleiten!

Gelungene Erziehung pflanzt sich dann auch in die kommenden Generationen fort!

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