Ende des Corona-Notstands
Feiernde Spanier machen Epidemiologen Sorgen
Ohne Abstand und oft auch ohne Masken feierten viele Spanier am Wochenende das Ende des Corona-Notstands. Sie wiegen sich in falscher Sicherheit, warnen Mediziner.
Veröffentlicht:Madrid. Zigtausende Spanier feierten in der Nacht auf den Sonntag euphorisch das Ende des sechsmonatigen Corona-Notstands. Am Stadtstrand von Barcelona ließen über 6000 Personen nachts die Korken knallen.
Erst gegen zwei Uhr morgens gelang es der Polizei in Madrid, die Partys auf dem Zentralplatz Puerta del Sol aufzulösen. Madrids Bürgermeister José Luis Martínez-Almeida nannte die Szenen „bedauernswert“.
Wie in Madrid und Barcelona tanzten, sangen und tranken große Gruppen vor allem junger Menschen ausgelassen auf Straßen und Plätzen, teilweise ohne Masken oder Abstand- und Sicherheitsregeln einzuhalten. In Palma de Mallorca kam es sogar zu Festnahmen.
Ende des Notstands, nicht Ende der Pandemie
Viele Mediziner befürchten, mit dem Ende des nationalen Ausnahmerechts könnte die Infektionskurve bald wieder ansteigen. „Das Ende des Corona-Notstands bedeutet nicht das Ende der Pandemie. Wir dürfen uns jetzt nicht in falscher Sicherheit wiegen. Das Virus ist weiterhin unter uns. Gerade viele junge Menschen scheinen sich in einer Sicherheit zu wiegen, die es nicht gibt“, stellte Amós García Rojas, Vorsitzender der spanischen Impfvereinigung, im Gespräch mit dieser Zeitung klar. García Rojas gibt zu bedenken, dass die Zahl der Geimpften in Spanien noch sehr gering sei.
Tatsächlich sind gerade einmal 13 Prozent der fast 47 Millionen Spanier bereits komplett gegen COVID-19 geimpft. 28 Prozent haben bisher eine Impfdosis erhalten. Davon abgesehen: „Wer geimpft ist, kann das Virus trotzdem noch weitergeben. Bis wir nicht unser Ziel erreichen, 70 Prozent aller Erwachsenen geimpft zu haben, müssen wir vorsichtig sein“, so der Vorsitzende des spanischen Impfverbands.
Es droht ein rechtliches Chaos
Spanien verzeichnet derzeit eine Sieben-Tage-Inzidenz von rund 85. In vielen Regionen wie dem Baskenland oder Madrid liegt sie allerdings weit über 130. Obwohl die Zahlen zurückgehen, sind die Intensivstationen durchschnittlich zu 22 Prozent mit COVID-Patienten belegt.
Die Sorge ist groß, dass sich ähnliche Entwicklungen wie vergangenes Jahr abspielten, als das Ende des Lockdowns und die Lockerungen im Sommer wieder zu mehr Infektionen führten.
Das Problem: Ohne nationalen Notstand müssen nun die Regionalregierungen Ausgangssperren und Einschränkungen durchsetzen. Einige Regionalregierungen wie im Baskenland wurde das allerdings vom Obersten Gerichtshof der Region verboten.
In anderen Landesteilen wie den Balearen oder Valencia entschieden die Richter anders und sahen die Ausgangssperren sehr wohl im Kompetenzbereich der Regionalregierung. Es droht rechtliches Chaos.