Kinder- und Jugendärzte

Fischbach schlägt Gebühr für Notdienst-Nutzung bei Bagatellen vor

Viele Patienten rennen unbegründet in die ohnehin heillos überfüllten Notaufnahmen – auch Eltern mit ihren Kindern, kritisiert Dr. Thomas Fischbach. Der Präsident der Kinder- und Jugendärzte bringt eine Sonder-Gebühr für Bagatellfälle ins Spiel. Das ruft Kritik hervor.

Veröffentlicht: | aktualisiert:
Hält eine Eigenbeteiligung bei Inanspruchnahme der Notaufnahmen in Bagatellfällen für „absolut sinnvoll“: BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach.

Hält eine Eigenbeteiligung bei Inanspruchnahme der Notaufnahmen in Bagatellfällen für „absolut sinnvoll“: BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach.

© Marc-Steffen Unger

Berlin. Die Debatte um eine Gebühr für Notfallbehandlungen bei medizinischen Bagatellen ist zurück. Die Notfallversorgung müsse auf echte Notfälle konzentriert werden und nicht „für die Pickel am Po der Kinder, für die die Eltern unter der Woche keine Zeit haben“ und daher dann am Wochenende beim Notdienst aufschlügen, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Dr. Thomas Fischbach, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ am Montag.

Lesen sie auch

Für Bagatellfälle halte er eine Eigenbeteiligung der Versicherten für „absolut sinnvoll“, betonte Fischbach. Es sei bedauerlich, so Fischbach weiter, dass sich die Politik aus Angst vor Gegenwind nicht heranwage. Knappe Notfallressourcen würden jedoch „immer und immer wieder von nicht dringend handlungsbedürftigen Fällen in Anspruch genommen“, so der BVKJ-Präsident.

Damit müsse Schluss sein. Handele es sich am Ende um „echte Notfälle“, könnten die Kosten erstattet werden – „das ließe sich mit wenig Aufwand umsetzen“, so Fischbach.

Ullmann: Könnte die Falschen abschrecken

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Professor Andrew Ullmann, reagierte zurückhaltend auf die Forderung.

„Dass Eltern besonders besorgt sind, wenn es um die Gesundheit der Kinder geht, kann ich gut verstehen“, sagte Ullman am Montag. Gerade deshalb sei es wichtig, dass der „Pickel am Po oder einfache Erkältung nicht zum Notfall gemacht wird und so unnötig wichtige Ressourcen bindet“.

Eine Gebühr indes könnte eher sozial Benachteiligte abschrecken und keinen Effekt auf jene haben, „die es sich leisten können“, gab Ullmann zu bedenken. „Was wir brauchen, ist Gesundheitskompetenz und die Zugänglichkeit zu gesicherten Informationen.“ Auch eine zentrale telefonische Abfrage vorab könne zu einer Entlastung der Notfallambulanzen in den Kliniken führen.

DKG: Lange Wartezeiten im niedergelassenen Bereich

Den Ball zurück in die Hälfte der niedergelassenen Pädiater schoss in der Sache der Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß. „Leider führen auch lange Wartezeiten im Bereich der niedergelassenen Versorgung häufig dazu, dass Eltern mit ihren Kindern Notfallstrukturen der Krankenhäuser aufsuchen, obwohl die reguläre Behandlung in der niedergelassenen Praxis völlig ausreichend wäre“, so Gaß. Solange diese Defizite bestünden, sei jede „Diskussion um Strafgebühren fehl am Platz“.

Mit Gebühren „ökonomischen Druck aufzubauen“ und so vielleicht Eltern davon abzuhalten, auch in tatsächlichen Notfällen Hilfe zu suchen, könne fatale Folgen haben, warnte Gaß. „Kinder dürfen nicht unter Fehlentwicklungen im Gesundheitssystem leiden.“

Auch die Vorstandsvorsitzende des Ersatzkassen-Verbands (vdek), Ulrike Elsner, sprach mit Blick auf die von den Pädiatern geforderte Eigenbeteiligung bei der Notfallversorgung von einem falschen Weg. Eine Strafgebühr einzuführen, gehe am Problem vorbei. Zunächst müssten „Rahmenbedingungen“ geschaffen werden, damit Versicherte schnell einen Termin bei einer Arztpraxis bekämen.

„Knappe Notfallressourcen“

In der Debatte um die geplante Reform der Notfallversorgung hatte sich im Frühjahr bereits der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, für die Einführung einer Notfallgebühr ausgesprochen. Wer direkt in die Notaufnahme eines Krankenhauses gehe, ohne vorher eine Leitstelle anzurufen, um abzuklären, ob es sich bei seinem Anliegen wirklich um einen medizinischen Notfall handele, solle „gegebenenfalls“ eine derartige Gebühr entrichten, so Gassen. Auch aus der Unions-Fraktion heraus hatte es einen entsprechenden Vorstoß gegeben.

Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) hatte daraufhin klargestellt, eine „Eintrittsgebühr“ für die Notfallversorgung im Krankenhaus werde nicht kommen. Auch der Grünen-Gesundheitspolitiker und Notfallarzt, Dr. Janosch Dahmen, hatte sich gegen eine Notfall-Gebühr ausgesprochen. (hom)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Praxisfall im Podcast: Atemwegsinfekt

© Bionorica SE

Phytoneering-Akademie

Praxisfall im Podcast: Atemwegsinfekt

Anzeige | Bionorica SE
Antibiotika – Fluch und Segen

Podcast

Antibiotika – Fluch und Segen

Anzeige | Bionorica SE
Brauchen wir noch Antibiotika?

© deepblue4you | iStock

Content Hub

Brauchen wir noch Antibiotika?

Anzeige | Bionorica SE
Kommentare
Ulrike Behm 07.08.202316:45 Uhr

Dafür bin ich schon lange!! 20 Euro auf den Tisch, und der Arzt entscheidet, ob es ein Notfall war, dann gibt es das Geld zurück, nicht aber für die Pickel am Po !
Verstopfung seit 2 Wochen am Samstag Abend in der Anlaufpraxis, das kennen wir alle….oder „beim Hausarzt hätte man länger warten müssen….“.
Dieses Verhalten geht uns allen auf den Keks !

Sonderberichte zum Thema
Tab. 1: Empfohlene Anfangsdosierungen von Ruxolitinib bei akuter und chronischer GvHD in Abhängigkeit vom Alter

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [5, 6]

Graft-versus-Host-Erkrankung

JAK1/2-Hemmung jetzt für Kinder unter zwölf Jahren und in neuer Darreichungsform möglich

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb. 1: Patienten mit DMD profitierten von einer über 24-wöchigen Vamorolon-Therapie im Vergleich zu einer Therapie mit Prednison in Bezug auf das Längenwachstum

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [14]

Duchenne-Muskeldystrophie (DMD)

Erstes dissoziatives Kortikosteroid zugelassen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera (Germany) GmbH, München
JAK-Inhibitor: Zulassungserweiterung bei Jugendlichen mit AD

© Cunaplus_M.Faba / Getty Images / iStock

Atopische Dermatitis

JAK-Inhibitor: Zulassungserweiterung bei Jugendlichen mit AD

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: AbbVie GmbH und Co. KG, Wiesbaden
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leckere und gesunde Ernährung

Remission bei Morbus Crohn: Das glückt auch mit einer rein oralen Diät

Wechselspiel zwischen Hirn und Pankreas

Demenz & Diabetes: Welche Vorteile das CGM bietet

Lesetipps
Dreidimensionale medizinische Illustration von Nierenkrebs, die das Vorhandensein eines Tumors in der Niere zeigt.

© Crystal light / stock.adobe.com

Hinweis aus Registerstudie

Welchen Einfluss NSAR auf das Nierenkrebs-Risiko haben

Eine Frau greift sich mit beiden Händen um den Nacken.

© fizkes / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Leitlinien-Update

Polymyalgia rheumatica: Aktualisierte Empfehlungen sind online

Eine Ärztin tastet den Hals einer Frau zur Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen und Hypothyreose ab.

© Peakstock / stock.adobe.com

US-Review

Wie mit latenter Hypothyreose bei älteren Patienten umgehen?