Initiative „Contain COVID-19“

Forscher-Aufruf: Europa braucht gemeinsame Corona-Strategie

Um einen Pingpong-Effekt und ein immer neues Einschleppen des Virus zu vermeiden, sei entschlossenes und synchronisiertes Handeln aller Länder Europas gefragt, fordern über 330 Forscher.

Von Anja Garms Veröffentlicht:
Reisende warten am Corona-Testzenter am Flughafen in Brüssel. Die Forscher der Initiative „Contain COVID-19“ können sich auch Reisebeschränkungen vorstellen.

Reisende warten am Corona-Testzenter am Flughafen in Brüssel. Die Forscher der Initiative „Contain COVID-19“ können sich auch Reisebeschränkungen vorstellen.

© picture alliance/dpa/BELGA

Berlin. Europa braucht nach Ansicht internationaler Wissenschaftler eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung des Coronavirus. Mit offenen Grenzen könne ein einzelnes Land die Zahl der COVID-19-Fälle nicht niedrig halten, heißt es in einem Positionspapier, das internationale Wissenschaftler um die Max-Planck-Forscherin Viola Priesemann im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht haben. „Wenn europäische Regierungen jetzt nicht handeln, sind weitere Infektionswellen zu erwarten, die in der Folge Gesundheit, Gesellschaft, Arbeitsplätze und Wirtschaft schädigen.“

Die Forscher fordern, die Zahl der täglichen Neuinfektionen durch koordiniertes Vorgehen auf höchstens 7 pro 100.000 Einwohner und Woche zu begrenzen – in allen Ländern Europas.

„Wir haben bei niedrigen Fallzahlen mehr Freiheiten“

„Ich habe dieses europäische Statement initialisiert, weil ich denke, dass in der Wissenschaft ein wirklich sehr, sehr breiter Konsens herrscht – von der Virologie zur Epidemiologie, zur Wirtschaft und zur Soziologie – dass niedrige Fallzahlen nur Vorteile haben“, sagt Priesemann, die am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen forscht. Hohe Fallzahlen hätten hingegen keinerlei Vorteile. „Es lohnt sich, die Fallzahlen konsequent runter zu bringen und dann auch wirklich konsequent dort unten zu halten. Wir haben bei niedrigen Fallzahlen mehr Freiheiten.“

Das von den Forschern genannte Ziel sei in vielen Ländern erreicht worden und könne in Europa bis spätestens Frühjahr auch wieder erreicht werden. Konsequente Beschränkungen hätten sich als wirksam erwiesen. Um einen Pingpong-Effekt und ein immer neues Einschleppen des Virus zu vermeiden, sei entschlossenes und synchronisiertes Handeln aller Länder Europas gefragt.

Mindestens 300 Tests pro Tag – je eine Millionen Einwohner

Sobald es gelungen sei, die Zahl der Neuinfektionen herunterzubringen, sei eine Lockerung der Maßnahmen möglich, heißt es in dem Positionspapier weiter. Sie sollten aber streng überwacht werden, etablierte Maßnahmen wie Hygieneregeln oder Kontaktverfolgung sollten beibehalten werden. Darüber hinaus müssten mindestens 300 Tests pro Tag pro eine Million Einwohner zur Verfügung stehen, um das Infektionsgeschehen langfristig auf niedrigem Niveau halten zu können. Lokale Ausbrüche erforderten ein schnelles und rigoroses Eingreifen, inklusive Reisebeschränkungen und regionale Lockdowns.

Auch für die fernere Zukunft sollte nach Ansicht der Forscher über nationale Aktionspläne hinaus eine gemeinsame europäische Strategie entwickelt werden.

Bis Samstag hatten mehr als 330 Experten und Wissenschaftler das Papier der Initiative „Contain Covid-19“ unterzeichnet. Aus Deutschland gehörten dazu etwa die Virologen Christian Drosten und Sandra Ciesek, der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, der Präsident des ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, oder Leopoldina-Präsident Gerald Haug. (dpa)

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Mehr Schutz auch im Freien

EU empfiehlt deutlich strengeren Nichtraucherschutz

Kommentar

Gesundheitssysteme brauchen Schutz

Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Symposium der Paul-Martini-Stiftung

COVID-19 akut: Früher Therapiestart effektiv

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Finanzielle Lage der GKV

Zusatzbeiträge 2025: Hiobsbotschaften im Tagesrhythmus

Lesetipps
Dreidimensionale Darstellung des Syphilis-Erregers.

© Christoph Burgstedt / stock.adobe.com

Hinweis von Infektiologin

Syphilis täuscht Rheumaerkrankungen und Schübe vor

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (l.) bei der Übergabe des Aktionsplans für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen an Jürgen Dusel, Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen und Verena Bentele, Sprecherin des Deutschen Behindertenrats.

© picture alliance/dpa | Carsten Koall

Aktionsplan vorgelegt

Lauterbach forciert Umbau zu barrierefreien Arztpraxen