Pflegedoku light

Fragen statt ankreuzen

Ein neues dialogbasiertes Verfahren kann bei der Aufnahme von Patienten 30 Prozent der Zeit sparen. Die bisher 127 Einzelfragen sollen passé sein. Der Pflegebeauftragte Laumann will jede vierte Einrichtung für das neue Vorgehen gewinnen.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Im Mai hat das Bündnis "Pflege steht auf" in Bremen gegen Bürokratie demonstriert.

Im Mai hat das Bündnis "Pflege steht auf" in Bremen gegen Bürokratie demonstriert.

© Carmen Jaspersen/dpa

HANNOVER. Fragen statt abfragen: Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), will die Dokumentation bei der Aufnahme von Pflegebedürftigen ins Heim ab 2015 grundlegend verändern. Ein entsprechendes Modellprojekt in Niedersachsen zur so genannten "Strukturierten Informationssammlung" (SIS) habe die Planer sehr ermutig, so Laumann.

Mit dem neuen dialogbasierten Aufnahmeverfahren könne man 30 Prozent der Zeit in der Aufnahme sparen, sagte Laumann am Donnerstag bei einer Tagung des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) in Hannover.

"Das Problem ist: Wegen der überbordenden Dokumentation ist die Stimmung unter den Pflegekräften zurzeit mies." Jetzt komme es darum darauf an, dass man das Projekt aufgrund der guten Erfahrungen in Niedersachsen bundesweit ausrolle.

Dazu sollen die Träger der Pflegeheime, wie die AWO, die Caritas oder das Diakonische Werk (DW) bundesweit Schulungen anbieten.

Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg des Projekts sei es, dass Pflegekassen, GKV, Sozialhilfeträger, bpa, MDS und MDK an einem Strang ziehen, so Laumann, "und das tun sie. Ich will mindesten 25 Prozent aller Einrichtungen in Deutschland für die neue Dokumentation gewinnen, sonst verläuft das Projekt im Sande."

Das neue Verfahren verzichtet auf die 127 Einzelfragen auf 60 bis 80 Seiten, durch die sich derzeit noch Pflegebedürftige und Pflegende bei der Aufnahme hindurch arbeiten müssen. "In dem neuen Verfahren frage ich den Kunden, was er will und was er braucht", erklärt Jan Grote vom Pflegezentrum Grote, das an dem niedersächsischen Modellprojekt teilgenommen hat.

Die Antworten werden von den Pflegenden als Freitext aufgeschrieben. Was der neue Pflegepatient an Unterstützung und Pflege braucht, entscheidet dann die Pflegekraft und notiert dies auf den Aufnahmebögen.

Was aussieht wie ein kleiner Schritt, habe große Folgen, sagte Laumann. In der Tat kostet die Pflegedokumentation laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2013 allein 2,7 Milliarden Euro. Das sind 14 Prozent der Ausgaben für die Pflegeversicherung. Jede Fachkraft bringe pro Schicht eine Stunde nur mit der Dokumentation zu.

Sowohl Pflegepatienten als auch Pflegende profitieren von den neuen Verfahren, hieß es in Hannover. "Bei dem Ankreuzverfahren sind die Pflegenden haftbar", erklärt bpa-Landesreferent Michael Lorenz. "Denn was nicht aufgeschrieben wurde, gilt juristisch üblicherweise als nicht gemacht."

Obwohl die neue Dokumentation auf das Ankreuzverfahren verzichtet, sieht Lorenz keine rechtlichen Fallstricke für die Pflegenden. Denn eine genauere Prüfung ergab: "Der Rechtsanspruch, dass nur als gemacht gilt, was geschrieben wurde, existiert eigentlich gar nicht."

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Silouetten von Menschen in unterschiedlichen Farben.

© tydeline / stock.adobe.com

SAID, SIDD, SIRD, MOD und MARD

Das steckt hinter den fünf neuen Diabetes-Subtypen

Organ wird bei OP entnommen

© horizont21 / stock.adobe.com

Vom Opt-in zum Opt-out

Studie: Widerspruchslösung erhöht Organspende-Zahlen nicht