Ursula von der Leyen

Frau Doktor wird Miss Europa

Eine Ärztin an der Spitze der EU-Kommission: Ursula von der Leyen tritt am 1. November als neue Präsidentin der europäischen Behörde an. Ein Porträt über eine Politikerin mit einem außergewöhnlichen Profil.

Von Detlef Drewes Veröffentlicht:
Frau Doktor wird Miss Europa

© Jaap Arriens / picture alliance / NurPhoto

BRÜSSEL. Sie ist nicht nur die erste Ärztin an der Spitze der Europäischen Kommission, sondern überhaupt die erste Frau im Chefsessel der wichtigsten Brüsseler Behörde: Ursula von der Leyen, 60 Jahre, CDU.

Als sie am 16.  Juli mit der denkbar knappen Mehrheit von neun Stimmen vom EU-Parlament in das Amt gehievt wurde, hatte sie etwas Großes geschafft: Innerhalb von nur 13 Tagen arbeitete sich die Politikerin, die auf keiner Rechnung für diesen Topjob stand, in die wichtigen EU-Themen ein, lernte die Schlüsselfiguren im Parlament und der Kommission kennen und schaffte gegen eine verbreitete Stimmung in Brüssel eine Mehrheit.

„Wenn das so weitergeht“, kommentierte ein Beobachter nach ihrer Wahl, „kann sich Europa noch auf einiges gefasst machen.“ Sie selbst sagte unmittelbar danach: „Für mich schließt sich jetzt ein Kreis.“

Denn die ehemalige Bundesverteidigungsministerin bringt so etwas wie eine Traum-Biografie als Europäerin mit. Von der Leyen wurde 1958 in Brüssel geboren – in dem Jahr, als Walter Hallstein als erster und letzter Deutscher Chef der Kommission wurde.

Mit 14 Jahren kam sie nach Niedersachsen

Für diese Kommission arbeitete von der Leyens Vater, der spätere niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht. Die Tochter ging auf die Europaschule – auch deshalb spricht sie gut Französisch und Englisch. Als sie 14 Jahre alt war, zog die Familie nach Niedersachsen. Wenige Jahre später schaffte sie ihr Abitur mit einem Notendurchschnitt von 0,7.

Nach dem Schulabschluss am Gymnasium Lehrte studierte sie zunächst Archäologie, wechselt dann zur Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Göttingen und Münster sowie 1978 an die London School of Economics and Political Science (LSE).

1980 nahm sie ein Medizinstudium an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) auf, das sie 1987 mit dem Staatsexamen und ihrer Approbation als Ärztin abschloss.

Assistenzärztin an Frauenklinik

Anschließend war sie Assistenzärztin an der Frauenklinik der MHH. 1991 wurde sie zur Dr. med. promoviert. Nach der Geburt von Zwillingen 1994, als sie bereits Mutter von drei Kindern war, führte sie ihre Facharztausbildung nicht fort.

Von 1992 bis 1996 lebte sie mit ihrer Familie in Kalifornien, als ihr Mann an der Stanford University tätig war. Nach der Rückkehr nach Deutschland war sie von 1998 bis 2002 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Friedrich Wilhelm Schwartz in der Abteilung für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover tätig, wo sie 2001 einen Master of Public Health (MPH) erwarb.

Macron schlug von der Leyen vor

In ihren politischen Stationen von der Sozialministerin in Niedersachsen, über das Familienressort und das Sozialministerium in der Bundesregierung und schließlich an die Spitze des Verteidigungsressorts hat sie sozusagen alles erlebt – auch wenn sie als Verteidigungsministerin mit vielfachen Problemen zu kämpfen hatte.

Die Ausstattung der Truppe ist miserabel, eine Affäre um überzogene Honorare für Berater-Gutachten und die millionenschwere Restaurierung des Segelschulschiffes „Gorch Fock“ – die Liste der Herausforderung ist lang, die Aufstellung der erledigten Aufgaben deutlich kürzer.

Trotzdem gilt von der Leyen in Brüssel als gute Wahl, die übrigens nicht auf Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückging. Es war der französische Staatspräsident Emmanuel Macron, der die CDU-Politikerin „entdeckte“ und vorschlug.

Ihr erstes großes Projekt dürfte die paritätische Zusammensetzung einer neuen Europäischen Kommission werden. Denn die soll genauso viele Frauen wie Männern haben. Und daran waren schon Kommissionschefs vor ihr erfolgreich gescheitert.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025

Kommentare
Dr. Horst Grünwoldt 31.07.201923:53 Uhr

Dr.med. Ursula von der Leyen

Das ist eine großartige EU- Biografie, die sonst kein EU- Politiker aufzuweisen hat! Wir alle sollten stolz auf unsere deutsche EU-Kommissions-Präsidentin sein. Ihre Frauenpower wird nicht zu einem "Küchenkabinett" des JCJ führen - dem früheren Ministerpräsident aus dem luxemburgischen Steuer-Paradies. Hat der mit seinem background und seiner allumarmenden Gestik jemals eine politische EU-Föderation angestrebt, in der alle Mitglieder nicht nur gleichberechtigt, sondern auch gleich verpflichtet werdend können?
Über Frau Merkels fruchtlose Solidarbitten um Umverteilung der ungeliebten Zuwanderer aus den E-Ländern der sog. Dritten Welt, hat der Luxemburger gewiß nur müde gelächelt. Schließlich bestimmen die übrigen 27 EU-Nationalstaaten ihre Bevölkerungs- und Einwanderungspolitik immer noch souverän selbt! Und das insbesondere, solange die offene deutsche Sozialgesetzgebung seit 1949 alle Elenden der Welt "Germany" rufen läßt...
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt, Rostock

Dr. Frank Schlüter 31.07.201911:41 Uhr

Nur 13 Tage lernen für den Job?

"Innerhalb von nur 13 Tagen arbeitete sich die Politikerin, die auf keiner Rechnung für diesen Topjob stand, in die wichtigen EU-Themen..."
Erst Sozialministerin, dann Familienministerin, dann Verteidigung, jetzt....
Wie wäre es denn wenn der internistische Oberarzt auf den vakanten Chefarztposten der Chirurgie wechselt und später Direktor der HNO Klinik wird?
Bei Politikern geht sowas ohne Probleme, daher werden wir auch so kompetent regiert.

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025