Pflegekassen in Not

Pflege: GKV-Verbandsvize sagt Lauterbach „Ritt auf der Rasierklinge“ voraus

Die Pflegeversicherung steckt tief in den Miesen. Ein Urteil des Verfassungsgerichts zwingt die Politik dazu, die Finanzierung der Pflegekassen umzubauen. Verlierer werden wohl die Kinderlosen sein.

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Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt und damit die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung. Auf allen politischen und juristischen Ebenen wird über die Finanzierung der gigantischen Aufgabe nachgedacht.

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt und damit die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung. Auf allen politischen und juristischen Ebenen wird über die Finanzierung der gigantischen Aufgabe nachgedacht.

© PIKSEL / Getty Images / iStock

Berlin. Der Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, hat Milliarden-Löcher in der gesetzlichen Pflegeversicherung angeprangert. Zum Jahresende werde ein Defizit von 2,2 Milliarden Euro auflaufen, sagte Kiefer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). Die Liquiditätsreserve sinke auf rund 5,7 Milliarden Euro und liege damit rund 1,2 Milliarden Euro unter der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe.

Damit wäre eine Anhebung des Beitragssatzes zum 1. Januar 2023 um 0,3 Prozentpunkte dringend notwendig gewesen, sagte Kiefer. Während das Bundesgesundheitsministerium den durchschnittlichen Zusatzbeitrag zur Gesetzlichen Krankenversicherung auf 1,6 Prozent und damit um 0,3 Prozentpunkte höher als bisher angesetzt hatte, bleibt der Beitrag zur Pflegeversicherung unverändert bei 3,05 Prozent beziehungsweise für Kinderlose bei 3,4 Prozent.

2023 wird es für die Pflegekassen eng

Die Zahl der Bezieher von Pflegegeld liegt bereits bei fünf Millionen, Tendenz steigend. Pflegekassen erwarten im kommenden Jahr geringere Einnahmen und tendenziell höhere Ausgaben.

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Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) hat daher für die erste Jahreshälfte 2023 Strukturreformen bei der Finanzierung der Gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung angekündigt. Je länger die politischen Entscheidungen ausblieben, desto größer würden die Probleme, urteilte der Pflegeexperte Kiefer. „So kann man nicht ewig weitermachen, dann fährt die Pflegeversicherung gegen die Wand.“

Keine Kinder, höherer Pflegebeitrag

Die Lösung der massiven Finanzprobleme und die gleichzeitige Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht bis Ende Juli verlangten Staffelung des Beitragssatzes je nach Kinderzahl würden für Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zum „Ritt auf der Rasierklinge“. Er rechne damit, dass die Umsetzung des Urteils dazu führen werde, dass Kinderlose „deutlich mehr“ zahlen müssten.

Schon seit September 2022 sind die Pflegeeinrichtungen verpflichtet, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens nach Tarif zu bezahlen. 40 Prozent der Mehrkosten blieben bei der Sozialen Pflegeversicherung hängen, hatte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands Dr. Carola Reimann bereits im November angemerkt. (dpa/af)

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Kommentare
Kurt-Michael Walter 02.01.202317:57 Uhr

Ein Gesundheitssystem in Not

Die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung steigen wegen der zunehmenden Zahl der Pflegebedürftigen? Nun, das wäre natürlich die einfachste Annahme, weshalb die Kosten bzw. die Ausgaben ansteigen. Ein linearer Zusammenhang? Nein, es ist komplexer und lässt sich nicht mehr mit den Schätz-Methoden der Gesundheits-PolitikerInnen erklären.

Ohne die Ursachen und die tatsächlichen Kostentreiber in der Pflegeversicherung zu kennen und zu benennen, wird jede Beitragserhöhung nur ein »Erkaufen von Zeit« sein. Es brennt lichterloh im deutschen Gesundheitswesen, nicht nur bei der Pflegeversicherung.

Nur eine Neuausrichtung der staatlichen Gesundheitsversorgung wird dieses Dilemma beseitigen, aber dem gegenüber steht das deutsche bürokratische Jahrhundertwerk der staatlichen sozialen Gesetzgebung: SGB I bis SGB XII. Keine Regierung traut sich daran dieses Mammutwerk zu entstauben. Oder man ist immer noch Stolz auf das weltweite Alleinstellungsmerkmal des SGB I bis SGB XII?

Hans Christoph antwortete am 14.05.202310:37 Uhr

der Ritt auf der Rasierklinge hat sich zwischenzeitlich zum Ritt in die "Rundumkatastrophe" entwickelt...
Ein Gesundheitssystem in Not... ist eine grandiose Untertreibung...
Bundesgesundheitsminister Herr Prof.Dr.med. Karl Lauterbach nimmt weiterhin NUR kosmetische kleine
Korrekturen vor.
Öffentlich hat der Gesundheitsminister / Krankheitsminister ja bereits "schamhaft" eingeräumt er sei, ohne wenn
und aber, für die Bürgerversicherung für ALLE Erwerbstäigen, auch Architekten, Ärzte, Zahnärzte.
Die FDP blockiere ja diese seine Pläne...
Was das fehlende Personal sowohl in Pflegeheimen, Krankhäusern, Rettungsdiensten, THW, Feuerwehren anlangt, ist dem Professor ebenfalls klar, ohne die Einführung der Dienstpflicht für ALLE Schulabgänger / innen wird das gesamte,
auch Gesundheitssystem, zusammenbrechen / implodieren....bald..
Was sagt uns NORMALOS diese Katastrophe, mit Ansage... die sogenannten Gesundheits/Krankheits/ politiker/innen
von Gottes Gnaden, sind total unfähig... und selbst "pflegebedürftig "
Wo bleiben die Massenproteste der Zwangsbeitragszahler / innen? die dieses "unsolidarische System" weiterhin zwangsfinanzieren, mit stetig steigenden Zwangbeiträgen... und Steuerzuschüssen in Milliardenhöhe.

PRO Senioren PAKT

P.S. Senioren aller Bundesländer geht auf die Barrikaden..jetzt...

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