Klinische Studien
Generell hohes Patienteninteresse
Klinische Arzneimittel- Studien sind integraler Bestandteil des medizinischen Versorgungsalltags. Optimierungspotenzial gibt es laut Umfrage aber bei der Probandenrekrutierung.
Veröffentlicht:BERLIN/HAMBURG. Deutschland belegte 2015 bei klinischen Arzneimittel-Studien forschender Pharma-Unternehmen erneut weltweit den zweiten Platz. Das geht aus einer Auswertung des öffentlichen Studienregisters "clinicaltrials.gov" durch den Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) hervor. Spitzenreiter war demnach mit 2444 solcher klinischen Studien die USA, Deutschland kam auf 655 Studien, Großbritannien erreichte mit 608 Studien Platz drei, gefolgt von Kanada (530) und Spanien (506).
Ein Blick auf die regionale Verteilung in Deutschland zeigt, dass medizinische Einrichtungen in Berlin mit 226 klinischen Studien die Liste anführten, gefolgt von Einrichtungen in Hamburg (153), München (142), Frankfurt am Main (117), Essen (86), Hannover (81), Köln (79), Dresden (77), Leipzig (69) und Heidelberg (64).
Wohnortnahe Mitwirkung möglich
Wie der vfa hervorhebt, beschränkt sich die Mitwirkung an klinischen Studien in Deutschland nicht auf Großkliniken. Beispielsweise beteiligten sich auch zahlreiche Krankenhäuser der Regionalversorgung und Arztpraxen an Studien. Für die Patienten sei das, wie der vfa betont, von Vorteil, weil es bedeute, dass die Mitwirkung an einer Studie häufig vergleichsweise wohnortnah möglich ist.
Und auch die forschenden Pharma-Unternehmen sehen das positiv. "Die vielen Kliniken und Arztpraxen, die am Fortschritt der Medizin mitwirken, sind eine Stärke Deutschlands. Nicht zuletzt deshalb investieren forschende Pharma-Unternehmen hierzulande jährlich rund 5,8 Milliarden Euro in Laborforschung und klinische Studien", resümierte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer im Juni in Berlin.
Doch: Was motiviert eigentlich Menschen in Deutschland, als Probanden an klinischen Arzneimittel-Studien teilzunehmen? Wie eine nicht-repräsentative Online-Befragung des auf die Vermittlung passender klinischer Studien spezialisierten Hamburger Start-ups Mondosano mit 565 Teilnehmern ergibt, spielt der finanzielle Aspekt nur eine untergeordnete Rolle. Nur neun Prozent der Befragten hätten angegeben, aus Interesse am Geldverdienen eine Studienteilnahme in Erwägung zu ziehen. Mit 44 Prozent bewegt das Interesse an neuartigen Therapien den Großteil der Befragten zu einer Studienteilnahme. Die verbleibenden Patienten gaben an, den Fortschritt der Medizin mitgestalten zu wollen (20 Prozent) oder den Nutzen einer intensiven medizinischen Betreuung genießen zu wollen (25 Prozent).
Obwohl erst etwa elf Prozent an einer klinischen Studie teilgenommen hätten, gäben sich 98 Prozent der befragten Patienten ihnen gegenüber generell offen. Allerdings wüssten die Patienten oft nicht, dass es eine Teilnahmemöglichkeit an einer klinischen Studie für sie gibt. Nur acht Prozent gaben demnach an, sich mit klinischen Studien gut auszukennen. Der Grad der Aufklärung in Deutschland über die Chancen von klinischer Forschung sei sehr gering und fordere somit erhebliches Verbesserungspotenzial. 60 Prozent wünschten sich nach eigener Aussage mehr Aufklärung über klinische Studien generell sowie über ihre Krankheit.
Internet als Infoquelle Nummer eins
Gefragt, wo sie bereits Rekrutierungsanzeigen für klinische Studien wahrgenommen haben, lautete in 56 Prozent das Internet als Antwort. Die Online-Werbung scheint somit den höchsten Wahrnehmungseffekt zu verzeichnen. "Da die Patienten vermehrt online recherchieren, müssen forschende Unternehmen dort auch mit ihren Rekrutierungsmaßnahmen ansetzen", postuliert Mondosano-Geschäftsführer Alexander Meier. Mit 15 Prozent am zweithäufigsten wahrgenommen wurde die Probandenwerbung indes in Arztpraxen und/oder Apotheken, elf Prozent wurden in Zeitschriften auf sie aufmerksam und sechs Prozent im Fernsehen oder Radio.
Laut vfa ging es 2015 in Deutschland in den meisten Studien der Phasen II bis IV um die Erprobung neuer Behandlungen gegen Krebs (136) oder Entzündungskrankheiten wie Asthma, Multipler Sklerose oder Morbus Crohn (111). Darauf folgen Studien zu Infektionskrankheiten (48), vor allem Hepatitis C und HIV, und Herz-Kreislauf-Krankheiten (29). Insgesamt wurden Studien zu 204 verschiedenen Krankheiten durchgeführt.