Zwangsbehandlung

Gesetz schließt Lücke

Ärztliche Zwangsbehandlungen sollen künftig auch mit stationären Aufenthalten verbunden werden können und nicht mehr nur mit geschlossener Unterbringung.

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BERLIN. Ärztliche Zwangsbehandlungen sollen künftig im Rahmen eines regulären stationären Aufenthalts möglich werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf zur Änderung des Betreuungsrechtes vor, der am Donnerstag die erste Lesung im Bundestag passierte und am Freitag Thema im Bundesrat war. Eine ärztliche Zwangsbehandlung war bislang nur mit einer Einweisung in einer geschlossenen Einrichtung möglich.

Diese Verknüpfung wird nun aufgehoben. "Die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme wird von einer freiheitsentziehenden Unterbringung entkoppelt", heißt es darin.

Voraussetzung ist künftig ein stationärer Aufenthalt, durch den die medizinische Versorgung und Nachbehandlung des Betreuten gesichert ist. Auch auf den regulären Stationen einer Klinik stehen sie unter dem "richterlichen Genehmigungsvorbehalt" und dürfen als "letztes Mittel" nur beantragt werden, wenn ohne eine Behandlung eine extreme Selbstgefährdung drohe. Ausgeschlossen bleiben ärztliche Zwangsbehandlungen weiterhin im ambulanten Bereich.

Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass der Betreuer den gesetzlich Betreuten "in geeigneten Fällen" darauf hinweist, dass er seinen Willen in einer Patientenverfügung erklären kann. Dies soll das Selbststimmungsrecht des Betroffenen stärken. Ein "zu beachtender Wille des Betroffenen" darf einer ärztlichen Zwangsmaßnahme nicht entgegenstehen.

Die Bundesregierung reagiert mit dem Gesetzentwurf auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Sommer 2016 (die "Ärzte Zeitung" berichtete). Ausgelöst hatte dies eine psychisch kranke Seniorin, die rechtlich betreut worden war. Angesichts einer nicht erfolgten Behandlung erkannten die Karlsruher Richter eine "staatliche Schutzlücke" für hilflose und nicht einsichtsfähige Menschen.

Die mittlerweile verstorbene Patientin war damals wegen einer Muskelschwäche in einer Klinik. Als sie zusätzlich an Brustkrebs erkrankte, wollte sie sich nicht behandeln lassen. Die Betreuerin führte an, dass die Patientin wegen ihrer psychischen Erkrankung die Notwendigkeit der Krebsbehandlung nicht erkennen könne. Die von ihr beantragte zwangsweise Unterbringung der Seniorin lehnten Amts- und Landgericht Stuttgart jedoch ab.Der Bundesrat folgte am Freitag unter anderem der Empfehlung des Gesundheitsausschusses. Dieser hatte dafür plädiert, das Instrument der Behandlungsvereinbarung als besondere Form einer Patientenverfügung im Gesetzestext aufzunehmen. Gerade Menschen mit psychischen Erkrankungen würden davon profitieren, da sie dazu umfassend ärztlich beraten werden müssen und die Vereinbarung im Zustand der Einwilligungsfähigkeit abschließen können. (wer)

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