Heilmittelerbringer

Hoffnung auf Lüften des Budgetdeckels

Seit mehr als zehn Jahren gibt die Entwicklung der Grundlohnsumme für Physiotherapeuten und Co. die Höhe der Vergütungssteigerung vor. Das wollen die Koalitionsfraktionen jetzt ändern.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

BERLIN. Bei der Vergütung von Heilmittelerbringern kann es zu einem Kurswechsel kommen: Die seit 2004 geltende Grundlohnsummenbindung soll fallen. So sieht es ein Änderungsantrag vor, der an das E-Health-Gesetz angedockt werden soll.

Heilmittelerbringer wie Physiotherapeuten fordern seit langem, die Koppelung ihrer Vergütungen an die Entwicklung der Grundlohnsumme aufzugeben. Dieser Wert wird jährlich neu aus der Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen berechnet. Mit dem Gesundheitssystem-Modernisierungs-Gesetz wurde 2004 festgelegt, dass diese Referenzgröße für die Fortschreibung der einzelnen Budgets herangezogen wird - auch für die Heilmittelerbringer.

Ausgaben von 5,69 Milliarden Euro

Im vergangenen Jahr haben gesetzliche Kassen für Physiotherapie, Ergotherapie und verwandte Leistungen 5,69 Milliarden Euro ausgegeben. Das sind 2,95 Prozent der Gesamtausgaben der GKV gewesen (193,63 Milliarden Euro). Angesichts der guten Konjunktur ist die für 2016 ermittelte Steigerung der Grundlohnsumme mit 2,95 Prozent vergleichsweise hoch.

Doch das sah in der vergangenen Dekade anders aus: Zwischen 2004 und 2010 dümpelte die Steigerungsrate zwischen 0,17 und 1,54 Prozent. Entsprechend bescheiden fielen die Vergütungsanpassungen für Heilmittelerbringer aus.

Bei der Anhörung zum E-Health-Gesetz am 4. November brachte der Deutsche Pflegerat das - eigentlich fachfremde -  Thema in die Debatte ein. Das eröffnet nun die Möglichkeit, angedockt an das E-Health-Gesetz einen Änderungsantrag zu formulieren. Der für Heilmittel zuständige Berichterstatter in der Unionsfraktion, Dr. Roy Kühne, will nach eigenen Angaben im Bundesgesundheitsministerium für das Anliegen werben. Kühne ist selbst Physiotherapeut.

Bereits im März hatte die Arbeitsgruppe Gesundheit der Unionsfraktion ein entsprechendes Positionspapier verabschiedet. Damals erregten die Vorschläge für mehr Delegation ärztlicher Aufgaben an Physiotherapeuten Aufsehen. Gefordert wird auch, die Vergütung der Heilmittelerbringer zu entkoppeln von der Grundlohnsummen-Entwicklung.

Höhere Gehälter in Kliniken

Diese habe dazu geführt, dass die Gehälter von Physiotherapeuten in Kliniken "40 Prozent höher liegen als die in freien Physiotherapiepraxen", heißt es. Nach Kühnes Angaben ist der Reallohn der Beschäftigten in Physiotherapiepraxen zwischen 2004 und 2011 um fünf Prozent gesunken. Prominente Unterstützung erhält die Berufsgruppe von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Bei einem Bürgerdialog in Nürnberg sagte Merkel vergangene Woche, sie habe den Eindruck, Heilberufe würden im Gesundheitswesen "hinten runterfallen". Angesprochen von einer Physiotherapeutin versicherte sie, sie wolle mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe über das Thema sprechen.

Der GKV-Spitzenverband sieht das Lüften des Budgetdeckels erwartungsgemäß skeptisch. Das bisherige Verfahren habe sich bewährt, sagte Ann Marini, stellvertretende Sprecherin des GKV-Spitzenverbands, der "Ärzte Zeitung". Durch dieses Verfahren sei "eine angemessene und steigende Vergütung der Leistungserbringer möglich".

Ohne Koppelung "würde eine überproportionale Steigerung bei der Vergütung der Leistungserbringer zu höheren Zusatzbeiträgen für Versicherte führen".

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