In Kliniken knirscht es bei Stellenbesetzungen

Der Ärztemangel ist bei fast allen Kliniken im Norden angekommen. Eine Umfrage zeigt den Handlungsbedarf.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Knappe Personaldecke, hohe Arbeitsdichte: Kliniken haben Besetzungsprobleme. © imago / Widmann

Knappe Personaldecke, hohe Arbeitsdichte: Kliniken haben Besetzungsprobleme. © imago / Widmann

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BAD SEGEBERG. Der Marburger Bund kann die Dringlichkeit durch den Vergleich mit einer Umfrage im Jahr zuvor belegen. "Im Vergleich zu den Ergebnissen von 2008 ist die Verknappung des ärztlichen Personals spürbarer geworden", fasste Schleswig-Holsteins MB-Vorsitzende Dr. Hannelore Machnik die Ergebnisse einer Umfrage ihres Landesverbandes unter den Kliniken im Norden zusammen.

Unter den 28 teilnehmenden Kliniken gab es praktisch kein Haus ohne Probleme bei der Besetzung von Weiterbildungsstellen. Die wenigen Häuser, die keine Schwierigkeiten bei der Besetzung ärztlicher Stellen haben, spüren einen Rückgang der Initiativbewerbungen. Dies betrifft alle Trägerarten. Von der Uniklinik berichtete Machnik, dass die Besetzung von Fach- und Oberarztstellen besonders in den Bereichen Chirurgie, Herzchirurgie und Kardiologie, HNO und Rechtsmedizin schwieriger wird.

In den kommunalen Krankenhäusern fehlen vor allem Fachärzte in der Psychiatrie, Anästhesie, Neurologie, Unfallchirurgie, Frauenheilkunde und Radiologie. "Fachärzte oder gar Oberärzte sind teilweise kaum anzuwerben. Die Auswahlmöglichkeiten sinken mit zunehmenden Anforderungen an die Qualifikation", sagte Machnik.

Immer mehr Kliniken versuchen, die Personalknappheit durch Honorarkräfte auszugleichen - 18 der 28 Kliniken beschäftigen bereits Honorarärzte. Laut Umfrage gab ein Schwerpunktkrankenhaus im vergangenen Jahr eine halbe Million Euro für die Bezahlung von Honorarärzten aus, um die mangelhafte Stellenbesetzung auszugleichen.

Machnik verwies in diesem Zusammenhang auf die schwierigen Verhandlungen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände: "Einerseits wird bei Festangestellten für Bereitschaftsdienste weniger bezahlt als für einen normalen Tagdienst und zusätzlich mit Minusstunden bestraft, andererseits werden für Honorarkräfte Höchstbeträge gezahlt." Die MB-Vorsitzende gab zu bedenken, dass sich dieses Ungleichgewicht auf die Arbeitszufriedenheit und das Klima zwischen den Beschäftigten auswirken kann.

Um den Arbeitsplatz Krankenhaus attraktiver zu gestalten, setzen die Klinikchefs erst an letzter Stelle auf mehr Geld. Wichtiger sind aus ihrer Sicht eine gut strukturierte Weiterbildung für Assistenzärzte, und für Fach- und Oberärzte ein anspruchsvolles Leistungsspektrum des Hauses mit guter Ausstattung. Auch der Ruf eines Hauses und seine Außenwirkung gewännen an Bedeutung. Ebenfalls als wichtig stuften sie das Arbeitsklima, flache Hierarchien, Teilzeitstellen, flexible und damit familienfreundliche Arbeitszeiten sowie Kinderbetreuungsmöglichkeiten, und verlässliche Dienstpläne auf gesetzlicher und tariflicher Grundlage sowie eine ausreichende Stellenbesetzung ein.

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Kommentare
Dr. Peter Glocker 03.04.201013:09 Uhr

In Deutschland nichts Neues

Ich stimme dem Text soweit zu, als ich den zunehmenden Mangel an Ärzten in Deutschland anerkenne. Dieser Mangel war seit Jahren vorauszusehen, sind doch die Arbeitsbedingungen zu einem erheblichen Teil an der Grenze des Erträglichen, oder bereits darüber. Außerdem kann in keiner Weise von einer angemessenen Bezahlung für die Länge der Ausbildung, die tägliche Verantwortung sowie den zeitlichen Einsatz in Klinik und Praxis gesprochen werden.

Jeder (Nacht)-Schichtarbeiter erhält Zuschläge, während Arztgehälter im Dienst abgestuft werden.

Das Ungleichgewicht zu den Honorarztgehältern besteht dadurch, daß diese frei verhandelbar sind und damit durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Wie aus dem Artikel ja hervorgeht, können immer weniger Kliniken ohne eine Unterstützung durch Vertragsärzte auskommen. Ohne die Existenz des Vertragsarztwesens ist davon auszugehen, daß manche Abteilung wegen Personalmangels geschlossen werden müßte oder in der Zukunft geschlossen werden muß.

Der Meinung der Klinikverwaltungen, ohne zusätzliche finanzielle Anreize auskommen zu können, kann ich eine klare Absage erteilen. Die genannten nicht pekuniären Anreize werden bei gleichbleibenden Gehältern in keiner Weise ausreichen, die Motivation soweit zu verbessern, daß die Kündigung und Abwanderung der beschäftigten Ärzte auch nur irgendwie gestoppt werden kann.

Außerdem ist davon auszugehen, daß sich die bisherigen Problemfelder, wie strenge Hirarchie, unflexible Dienstpläne, Ausstattung eines Hauses oder das Arbeitsklima nicht einfach durch QM Maßnamen oder andere Verordnungen herbeizaubern lassen werden. Dazu ist eine Veränderung in den lange gewachsenen Strukturen und Denkschematas unseres Systems erforderlich, d.h. eine Veränderung der Mentalität. Und das klappt i.d.R. nicht in wenigen Wochen.

Eine Qualitätssicherung muß dort anfangen, wo die Leistung erbracht wird, bei den Menschen, die diese Arbeiten ausführen. Solange diese eine Qualität ihres (Arbeits)-Daseins verspüren, werden sie auch dem System erhalten bleiben.

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