Nach der Bundestagswahl
PVS: Bürgerversicherung „definitiv gestorben“
Branchen- und Industrieverbände fordern nach der Bundestagswahl eine konstruktive und zügige Regierungsbildung. Gesundheitspolitischen Fragen werde dabei kaum Priorität eingeräumt – erwartet der PVS-Verband.
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Berlin. Nachdem FDP und Grüne aus der Bundestagswahl als alleinige Königsmacher eines Regierungswechsels hervorgegangen sind, dürfte sich das Thema Bürgerversicherung einmal mehr erledigt haben. Der PVS-Verband, der unlängst erst die Einkommensverluste vorgerechnet hatte, die Niedergelassenen Ärzten im Falle eines rot-rot-grün angeschobenen Ausstiegs aus der dualen Krankenversicherung drohten, zeigte sich am Montag auf Nachfrage „erfreut“ über den Wahlausgang.
Mit dem schwachen Abschneiden der Linken sei die Bürgerversicherung für die neue Legislaturperiode „definitiv gestorben“ und „der Weg frei, für eine problemorientierte Politik“, so Verbandsgeschäftsführer und Vorstandsmitglied Stefan Tilgner. Er rechne damit, so Tilgner weiter, dass angesichts der wirtschafts- und finanzpolitischen Herausforderungen „gesundheitspolitischen Fragen nicht die höchste Priorität eingeräumt werden wird; zumal sich das System in der Pandemie als beeindruckend leistungsfähig erwiesen hat“.
„Verantwortung statt Manöver“
Von Industrieseite gilt die Kommentierung der Wahl insbesondere den bevorstehenden Sondierungsgesprächen der Parteien. Die müssten getragen sein von der „Bereitschaft zu wegweisenden Entscheidungen zugunsten unseres Standorts“, fordert etwa der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). „Angesichts des unklaren Wahlausgangs“, erwarte man jetzt „von allen Parteien maximale Verantwortung und Anpacken der Prioritäten statt taktischer Manöver“.
Ins gleiche Horn stößt der Chemieverband VCI, der an die „Parteien der demokratischen Mitte“ appelliert, „die Sondierungsgespräche konzentriert zu führen, um möglichst rasch eine handlungsfähige Regierung zu bilden“. Zu den Stellschrauben, an denen eine neue Regierung nachzujustieren habe, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Pharma- und Chemiestandort zu erhalten, zählen aus Sicht des VCI „vor allem Stromkosten, Forschungsförderung, Bürokratieabbau, Genehmigungsverfahren und Unternehmenssteuern“.
IG BCE pro Ampel
Welche Parteienkonstellation am Berliner Ruder sie präferiert, lässt die Chemiegewerkschaft IG BCE in der Begriffswahl durchscheinen: „Was wir jetzt brauchen, ist eine Regierung des sozialen, ökologischen und ökonomischen Aufbruchs“, erklärte am Montag Gewerkschaftsvorsitzender Michael Vassiliadis. Dazu bedürfe es „eines Kompromiss- und Kooperationswillens auf allen Ebenen“. Die Parteien seien nun in der Pflicht, „dies vorzuleben“.
Vassiliadis bekräftigte die Forderungen der IG BCE nach einer sozial gerechten Transformation der Industriegesellschaft. Die Arbeitnehmervertretung wünscht sich unter anderem einen 120 Milliarden Euro schweren „Transformationsfonds, mit dem klimagerechte Umbauprojekte in der Industrie unterstützt werden sollen“. Zudem müsse der Staat ein Investitionsprogramm von weiteren 450 Milliarden Euro über die kommenden zehn Jahre auflegen, um „Versäumnisse bei Infrastruktur und Bildung“ aufzuholen. (cw)