Neue Studie
Intensivmediziner Karagiannidis: Viele ältere Menschen unnötig in der Notaufnahme behandelt
Überfüllte Notfallaufnahmen, gestresstes Klinikpersonal: Viele Patienten, die in der Notaufnahme aufschlagen, gehören dort nicht hin, sagt der Kölner Intensivmediziner Karagiannidis. Eine Patientengruppe hat er besonders im Blick.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Viele ältere Menschen werden unnötig in der Notaufnahme eines Krankenhauses behandelt. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die das Institut für Gesundheitssystemforschung der Krankenkasse BARMER zusammen mit der Universität Witten/Herdecke und dem ECMO-Zentrum im Klinikum Köln-Merheim erstellt hat.
Die Wissenschaftler, darunter der Intensivmediziner Professor Christian Karagiannidis, werteten zwei Millionen Krankenhausfälle aus dem Jahr 2022 aus. Dabei spielten das Alter der Patienten und der Schweregrad der Erkrankung, die zur Inanspruchnahme des Rettungsdienstes führte, eine Rolle (Med Klin Intensiv Notfallmedizin; 2024;1–8).
„Erhebliches Ambulantisierungs-Potenzial“
„Eine wichtige Erkenntnis aus der Studie ist, dass wir viele Patienten mit leichteren Erkrankungen in den Notaufnahmen behandeln“, sagte Karagiannidis der Ärzte Zeitung. Viele der Patienten ließen sich genauso gut in Arztpraxen behandeln. „Hier besteht erhebliches Ambulantisierungs-Potenzial.“
Ein Grund für die Fehlsteuerung sei, dass es an einer „um- und nachsorgenden Betreuung“ durch Familie, Hausärzte, Pflegeheime oder ambulante Pflegedienste fehle. „Daher kommen diese Patienten in die Notaufnahme – häufig per Rettungswagen. Und sie werden dann im Krankenhaus weiterversorgt, obwohl das nicht nötig wäre“, sagte Karagiannidis, der auch Mitglied der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung ist.
Problem der Fehlsteuerung schnell angehen
Außer einer besseren Patientensteuerung seien von niedergelassenen Ärzten geleitete Notfallpraxen sowie gemeinsame Tresen für zu Fuß ankommende Patienten in den Krankenhaus-Notaufnahmen einzurichten, forderte Karagiannidis. Dies sei im Zuge der geplanten Krankenhausreform anzugehen.
Der Mediziner warb zudem für eine stärkere Zusammenarbeit von Kliniken, Hausärzten und Pflegeheimen in den Kommunen. „Vom Krankenhaus wird die Versorgung älterer Menschen gesteuert, sodass diese bei Bedarf erst gar nicht in die Notaufnahme transportiert, sondern im Heim versorgt werden.“
Der Abbau von Sektorengrenzen ist auch Gegenstand der aktuellen zehnten Stellungnahme der Regierungskommission zur Krankenhausversorgung. Das Papier ist an diesem Freitag an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) überreicht worden. (hom)